§166 StGB beleidigt mich

Der Paragraf über die „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ besagt:

„Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Auf diesen Paragraf stützt sich der Osnabrücker Erhat Toka mit seiner Anzeige gegen den Comedian Dieter Nuhr! Er wird sehr wahrscheinlich mit dieser Anzeige keinen Erfolg haben, denn laut dem Wortlaut des Gesetzes ist die Beleidigung von Religionsgemeinschaften nur dann unzulässig, wenn sie zur Störung des öffentlichen Friedens führt. Erhat Toka ist jedoch zu friedfertig. Erhat Toka muss schon mit Gewalt drohen, wenn er möchte, dass Dieter Nuhr verurteilt wird. Er sollte sich vielleicht ein Beispiel an die Bonner Salafisten nehmen.

Bei einer Demonstration in Bonn im Jahr 2012 sorgten einige Salafisten für eine Eskalation der Gewalt, weil sie eine Karikatur des dänischen Zeichners Kurt Westergaard, hochgehalten von sehr unappetitlichen Mitgliedern der Partei ProNRW, als Beleidigung ansahen. Einige Salafisten schlugen daraufhin mit von Zäunen abgebrochenen Latten auf Polizisten ein. Es flogen Flaschen und Steine. Drei Polizeibeamte wurden mit einem Messer bedroht. Zwei Polizisten wurden dabei schwer verletzt.

Die Salafisten sorgten dafür, dass die Karikatur den öffentlichen Frieden störte und siehe da, der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger von der SPD erließ eine Auflage an die Polizei, wonach der Partei ProNRW das Zeigen dieser Karikatur von Kurt Westergaard untersagt wurde. Das Verwaltungsgericht kassierte diese Auflage allerdings. Der öffentliche Friede war wohl noch nicht gestört genug.

Die Bonner Salafisten kennen nicht nur den Koran sondern auch das deutsche Strafgesetzbuch. Den Koran können wir nicht ändern. Die deutschen Gesetze schon. Es wird Zeit, dass der unsägliche § 166 StGB endlich verschwindet. Das Missbrauchspotential ist einfach zu hoch. Es lädt die notorisch beleidigten Leberwürste der Religionen nämlich geradezu ein, eine Störung der öffentlichen Ruhe herbeizuführen.

Was immer uns aber diese Fundamentalisten glauben machen wollen, Worte, Bilder, Kunstwerke und Zeichnungen vermögen es nicht, Religionsausübungen zu stören. Religiöse Menschen müssen harsche Kritik, Spott und Polemik ebenso ertragen können wie Politikerinnen, Schauspieler, Köche, Lehrerinnen und alle anderen Menschen.

Kein Gott braucht das deutsche Strafgesetzbuch. Ein Gott, der das deutsche Strafgesetz braucht, um seine Macht zu manifestieren, ist ein armseliger Gott. Der jüdische Gott hat Sarah Silverman. Sie spottet manchmal über ihn. Der christliche Gott hat Carolin Kebekus. Sie macht manchmal Witze über ihn. Der muslimische Gott jedoch hat Erhat Toka und muss sich von ihm verteidigen lassen. Mal ehrlich, Allah kann einem leid tun!

Erhat Toka behauptet, Nuhr hetze Menschen gegen Muslime auf und schüre Islamophobie. Wenn ich das Wort schon höre, Islamophobie! Die Angst vor dem Islam ist berechtigt. Die Angst vor Religionen im Allgemeinen ist berechtigt! Religionen sind nämlich nicht moderat. Religionen sind immer radikal! Es ist ihr Wesen, radikal zu sein! Deshalb kann es auch keinen moderaten Islam geben, sondern nur moderate Muslime. Auch Christen und Juden sind immer nur dort moderat, wo sie nicht alle Worte der Bibel wörtlich nehmen.

Man muss Angst haben, wenn eine Religion nach staatlicher Macht greift. Man darf sich von dieser Angst jedoch nicht lähmen lassen. Es gilt, ganz klar und nüchtern festzustellen, was schon Dieter Nuhr einst sagte:

“Die rufen Tod bis Krieg. Das hat für mich einen Grad von Lächerlichkeit, dem dürfen wir uns nicht anpassen. Und wir passen uns reihenweise da an. Mich macht das wütend. Islam ist ausschließend dann tolerant, wenn er keine Macht hat und da müssen wir unbedingt für sorgen, dass das bei uns so bleibt.”

Ich nenne das nicht Islamophobie. Ich nenne das Aufklärung! Erhat Toka jedoch nennt das „blöde, dumme Hetze“ und fügt hinzu: „Wenn mein christlicher Nachbar in der Show von Dieter Nuhr über dessen Witze über den Islam lacht, sieht er mich nachher mit anderen Augen an.“

Ich glaube, ich drehe den Spieß einfach mal um:

„In Deutschland wächst die Satirophobie. Immer mehr Deutsche zeigen sich satirophob. Erhat Toka zum Beispiel reißt Zitate von Dieter Nuhr aus dem Zusammenhang und interpretiert seine Programme vollkommen falsch! Er vergiftet damit das Klima für alle Satiriker. Ich bin Satiriker. Wenn mein muslimischer Nachbar Erhat Toka reden hört, sieht er mich vielleicht nachher mit anderen Augen an! Satire steht nicht für Beleidigung. Satire bedeutet Lachen!“

Erhat Tokas Anzeige gegen Dieter Nuhr und das notorische Klagen gegen Satire und Polemik beleidigt mich als Satiriker. Als Satiriker habe ich allerdings keinen §166 StGB, der meine Überzeugung und Glauben an die universelle Kraft des Spotts gesondert schützt. §166 StGB schützt den religiösen Glauben. Der aufgeklärte Zweifel genießt einen solchen Schutz nicht.

Religiöse Überzeugungen sollten in Deutschland keine Privilegien vor aufgeklärten Überzeugungen genießen.

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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