Die blonden, blauäugigen Männer

Ich kann es nicht mehr hören!

„Ginge von blonden, blauäugigen Männern eine Gefahr aus, dann wären in der Silvesternacht in Köln eben blonde, blauäugige Männer eingekesselt worden.“

So ein Quatsch! Zunächst einmal kann man nicht wirklich sagen, dass es in der Geschichte keine blonden, blauäugigen Männer gegeben hat, die sich, ich sage mal so, etwas daneben benommen haben. Auch in der aktuellen Welt sind nicht alle blonden, blauäugigen Männer Engel.

Des weiteren bin ich mir sicher, wenn eine kritische Masse von blonden, blauäugigen Männern in unserer Gesellschaft unter Generalverdacht gestellt werden würden, wenn man sie einkesseln und der Freiheit berauben würde, dann wäre aber schnell Schicht im Schacht. Nicht wenige blonde und blauäugige Männer rasten ja schon bei dem Gedanken einer Frauenquote aus!

Das Argument mit den blonden, blauäugigen Männern zieht einfach nicht!

Ich bin ein blonder, blauäugiger Mann. Okay, ich habe eine Glatze, aber wenn sich meine Haare nicht verabschiedet hätten, wäre ich blond. Ich habe noch nie in meinem Leben erlebt, schon gar nicht täglich, geschweigedenn immer und überall, ob nun bei der Arbeit oder auf der Straße, ob nun in der Bahn, auf einem Amt oder bei einem Bewerbungsgespräch, dass ich anders, dass ich schlechter behandelt werde, nur wegen meines Äußeren. Ich kenne das Gefühl nicht, dass mich beschleicht, weil ich Angst haben muss, die Polizei, die eigentlich mein Freund und Helfer sein sollte, könnte mich aufgrund meiner Hautfarbe schlechter behandeln. Meine Mutter musste mir als Kind nie erklären, dass ich aufgrund meiner Hautfarbe in besondere Situationen kommen kann, wo ich mich besonders vorsichtig zu verhalten habe. Ich werde auch nie meinen Kindern, sollte ich je welche bekommen, sagen müssen, dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe in besonders gefährliche Situationen kommen können.

Ich werde nie verstehen oder nachfühlen können, was es heißt, nicht weiß, blond, blauäugig und männlich zu sein. Ich weiß nur, dass wenn ich immer und immer und immer wieder in schlechte Situationen geraten würde, nur aufgrund meines Äußeren und ich in der Silvesternacht in Köln wegen meines Äußeren in einen Polizeikessel geraten wäre, in mir Hilflosigkeit, Wut und Zorn hochgekrochen wären, besonders wenn die Mehrheit der blonden und blauäugigen Männer im Polizeikessel um mich herum erkennbar wirklich Arschlöcher wären.

Ich bin mir sicher, kein blonder, blauäugiger Mann in Deutschland würde es sich mehr als ein paar Mal gefallen lassen, aufgrund seines Äußeren schlechter behandelt zu werden, selbst wenn es tausend böse, blonde, blauäugige Männer gäbe.

Tun wir blonden, blauäugigen Männer also nicht so, als hätten wir auch nur ansatzweise eine Ahnung davon, was es bedeutet, immer und immer wieder in eine Rasterfahndung zu gelangen!

Wie es sich anfühlen muss, eine Frau zu sein, die in der Kölner Silvesternacht 2015/16 von der Polizei im Stich gelassen wurde, während sich widerliche Barbaren alles herausnahmen, davon fangen wir besser gar nicht erst an!

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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