Sigmar Gabriels Kettensägenmassaker

„Ein früherer SPIEGEL-Redakteur feierte seinen Geburtstag mit Weggefährten – und Rechtsradikalen. Ich finde: Die bürgerlichen Eliten sollten für Demokratie einstehen, anstatt an ihr zu sägen! Der Fall #Matussek ist dafür ein weiteres Negativbeispiel.“

Das schreibt Sigmar Gabriel.

Am 24. März 2017 schrieb eben dieser Sigmar Gabriel auf Twitter:

„Habe meinen Freund Mahmoud Abbas getroffen. Dtl. steht zur Zwei-Staaten-Lösung & unterstützt den Aufbau staatlicher Strukturen in Palästina.“

Sigmar Gabriels Freund Abbas sagte einst:

„In einer endgültigen Lösung können wir nicht mal die Existenz eines einzelnen Israelis in unserem Land sehen, seien es nun Zivilisten oder Soldaten.“

Am Tag der 47-Jahr-Feier der Fatah sprach Mufti Muhammad Hussein, den Abbas persönlich zum “geistigen Führer der palästinensischen Autonomie” ernannt hat, folgende Worte in die jubelnde Menge:

„Die Stunde der Auferstehung wird nicht kommen, solange wir die Juden nicht vernichtet haben.“

Ein deutscher Politiker nennt einen erklärten Judenhasser seinen Freund, obwohl er öffentlich von der Vernichtung aller Juden schwärmt. Er tut dies sogar in Amt und Würden eines deutschen Ministers. Vielleicht sollte ein solcher Politiker lieber schweigen, wenn ein deutscher Journalist ein privates Fest mit Freunden feiert, die der Politiker nicht mag.

Es gibt einige Aussagen von Matthias Matussek, Erika Steinbach, Jan Fleischhauer und Reinhold Beckmann, die ich nicht teile, über manche Thesen ärgere ich mich sogar, manchmal sogar massiv, aber niemals habe ich von diesen Gästen Taten und Worte gesehen, die sie für mich zu Personae non gratae machen.

Was ich aber noch schlimmer finde als alle oben genannten Gäste, sind Menschen, die ihre Mitmenschen aufgrund ihrer Freundschaften ächten und sogar die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber der Gäste anschreiben, um von ihnen zu verlangen, sie mögen doch bitte Stellung beziehen und die Angestellten aufgrund ihrer Freunde sanktionieren.

Sag mal geht’s noch?

Ich bin Jahrgang 1976. Ich wurde somit zwanzig Jahre nach dem Ende der McCarthy-Ära geboren. Zweiundvierzig Jahre später finde ich mich in Deutschland in genau solcher Ära wieder. In einer Atmosphäre der „Zweiten Braunen Angst“ wird in das Privatleben von Journalisten hineingeschnüffelt und ihre Freundschaften skandalisiert.

Ich hab einige Freundschaften, die weit zurück reichen. Einige meiner Freundinnen und Freunde haben sehr abenteuerliche Lebenswege eingeschlagen. Manche Entscheidungen bedaure ich sehr. Freundschaften wären aber keine Freundschaften, wenn sie über politische Differenzen zerbrächen.

Als ich noch jung war, kam es öfter vor, dass mich auf einer Party ein guter Freund in die Küche bat, um dort unter vier Augen und der Garantie des Mantel der Verschwiegenheit zu gestehen, dass er schwul sei. „Aber bitte, sag es niemanden“, hörte ich dann. „Ich habe Angst davor, dass die Leute davon erfahren. Ich möchte nicht, dass ich auf der Arbeit oder im Dorf Probleme bekomme.“

Seit Jahren ist mir ein solches Gespräch nicht mehr passiert, bis ich vor einigen Wochen ernsthaft von einem guten Schauspielkollegen zur Seite genommen wurde, der mir gestand, die AfD gewählt zu haben. „Aber erzähl es niemandem. Ich habe Angst, dann mein Engagement zu verlieren.“

Ich war schockiert von seiner Angst, auch etwas von der Wahlentscheidung, die ich daher kritisierte, nicht aber von der Homosexualität, die ich vollumfänglich unterstütze. Heute lebe in wieder einem Land, in dem Menschen Angst haben, ihre politische Präferenz offen zu gestehen, weil sie dadurch befürchten, auf eine schwarze Liste zu geraten. Diese Angst, macht mir Angst.

Menschen, die das Gefühl haben, dass ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen wird, stellen eine Gefahr dar und zwar unabhängig davon, ob sie nun recht haben oder nicht. Menschen, die zum schweigen verdammt sind, die sich nicht mehr trauen, ihre Bedenken und Ängste zu artikulieren, die verdrängen, verleugnen und unterdrücken, werden irgendwann explodieren.

Matthias Matussek ist gläubiger Katholik. Jesus hat mit Huren, Sündern und politisch Geächteten abgehangen. Dagegen ist Matusseks Gästeliste gar nichts. Sigmar Gabriels Freund jedoch würde Jesus verfolgen, wenn er heute noch leben würde, einzig und allein weil er Jude ist.

Vielleicht sollte ein Mann, der mit einem politischen Amt in Deutschland versehen ist und einen Judenhasser seinen Freund nennt, die Fresse halten, wenn ein deutscher Journalist im privaten Umfeld seine Freunde empfängt und bewirtet.

Und wenn Sigmar Gabriel wirklich findet, dass bürgerliche Eliten für Demokratie einstehen sollten, anstatt an ihr zu sägen, dann sollte er das lieber mal seinem Parteigenossen und aktuellen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier sagen, der am 11. Februar 2019 der judenhassenden, frauenverachtenden und schwulenmordenden Regierung im Iran „herzliche Glückwünsche“ aussprach und betonte: „Auch im Namen meiner Landsleute.“

Wenn wir daher vom Sägen an der Demokratie sprechen möchten, dann haben Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel schon längst die Kettensäge rausgeholt.

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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