Es gibt Leute, die sagen, Hass sei keine. Natürlich ist sie das!

Es gibt Leute, die behaupten, Meinungsfreiheit schließe keine Hassreden ein, aber genau das tut sie. Es ist die exakte Definition von Meinungsfreiheit, dass auch falsche Meinungen geäußert werden dürfen. Es gibt kein Zuviel an Meinungsfreiheit. Entweder gibt es Meinungsfreiheit oder es gibt sie nicht. So einfach ist das.
Ich zum Beispiel hasse Nazis, Vergewaltiger, Mörder, Rassisten, Islamisten und viele andere Menschen, die anderen Menschen Gewalt antun. Ich hasse auch Doppelmoral, Machtmissbrauch und Selbstgerechtigkeit. Ich hasse aber auch weniger schlimme Dinge.
Ich hasse zum Beispiel, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mich mit der Waffengewalt des Staates zwingen dürfen, ihre Sendungen zu finanzieren, vor allem, wenn es Sendungen sind, die anderen Menschen schaden zufügen, sie beleidigen oder Fake News verbreiten.
Ich hasse es, wenn eine liberale Partei, ihre liberalen Prinzipien verrät, nur um an der Macht zu bleiben. Ich hasse es, wenn ich zu gewissen Fragen der Zeit in fast allen Medien, eine synchronisierte Meinung lese. Ich hasse es, wenn die Regierung Geld dafür ausgibt, Organisationen zu finanzieren, die dann darüber autoritär entscheiden, was ein richtiger Fakt sein soll. Ich hasse Faktenchecks von bewaffneten Autoritäten.
Ich hasse es, mit welcher Selbstverständlichkeit mir der Staat unter dem Geheul verängstigter und besorgter Bürger in den letzten Corona-Jahren die Freiheitsrechte genommen hat, weil mir unterstellt wurde, ich sei eine gefährliche, ansteckende und die Menschheit in Gefahr bringe Person, einzig und allein weil ich so existiere, wie ich geboren wurde, nämlich ungeimpft. Ich hasse es, dass ich zur Impfung genötigt wurde, um mein Leben weiter führen zu können.
Ich hasse es, wenn sich Familienmitglieder und langjährige Freundschaften zerstreiten, weil sie in politischen Angelegenheiten unterschiedliche Meinungen haben.
Ich hasse es, wenn Menschen nicht verstehen können, warum es manchmal gute Gründe dafür gibt, den Hass anonym zu artikulieren. Wenn sich der Hass gegen Menschen richtet, die deutlich stärker bewaffnet sind, als man selbst, wenn sich der Hass zum Beispiel gegen eine Regierung richtet oder gegen eine mafiöse Organisation, die einen bedroht, dann ist Anonymität lebenswichtig.
Hass ist eine menschliche Leidenschaft. Sie kann gefährlich sein, aber unter Umständen auch das eigene Leben retten. Hass ist gewiss nicht ständig gut, aber eben nicht immer schlecht. Hass ist eine Gefühl wie Liebe und einem Menschen zu verbieten, seine Gefühle zu artikulieren, kann schlimme Konsequenzen haben.
Natürlich ist es unangenehm, den Hass anderer Leute zu hören, aber gegen Hass, der schmerzt, möge der Hass nun berechtigt oder unberechtigt sein, hilft die Gegenrede als zivilisierte Form der Verteidigung. Eine Beleidigung, die in die Richtung eines Menschen gefeuert wird, beleidigt den Menschen nur, wenn er die Beleidigung in seinem Kopf auch annimmt. Eine Faust oder eine Kugel jedoch, die in die Richtung eines Menschen abgefeuert wird, verletzt oder durchlöchert den Kopf unabhängig von der Haltung des Menschen. Wer eine Beleidigung nicht hört, lebt. Wer eine Kugel nicht hört, stirbt. Das ist der Unterschied.
Meinungsfreiheit ist ein präventiver Schutzmechanismus.
Meinungsfreiheit gilt auch für die Hassrede, denn sonst hätte der Koran und manch andere religiösen Schriften schon längst verboten worden müssen. In der Sûre 5 zum Beispiel steht im Absatz 8:
„Euer Hass gegen einige Menschen soll Euch nicht dazu verleiten, ungerecht zu sein. Seid gerecht, so kommt ihr der Frömmigkeit am nächsten.“
In der selben Sûre steht an späterer Stelle:
„Der Lohn derer, die gegen Allah und seinen Gesandten Krieg führen und Verderben im Lande zu erregen trachten, soll sein, dass sie getötet oder gekreuzigt werden und dass ihnen Hände und Füße wechselweise abgeschlagen werden oder dass sie aus dem Lande vertrieben werden.“
Diese Worte können problemlos unter dem Begriff „Hass“ subsumiert werden,
Ich habe kein Problem damit, dass der Koran veröffentlicht wird, denn so weiß ich, womit ich es zu tun habe. Nur durch die Artikulation der Gedanken lerne ich das Innere eines Menschen kennen und kann so rechtzeitig entscheiden, ob ich mich vor ihm schützen sollte oder von ihm lernen kann. Bei der Verleihung des Böll-Preises im Jahr 2015 an Herta Müller sagte die Preisträgerin:
„Wenn Hassparolen spazieren gehen, dann geht auch irgendwann ein Messer spazieren.“
Ich muss da der Nobelpreisträgerin widersprechen. Messer gehen nicht spazieren, weil vorher Parolen spazierten. Jene, die die Parolen grölen, haben die Messer nämlich bereits in ihren Hosen und sie werden die Messer herauszuholen, sobald sie in der Lage sind, die Parolen der Anderen abzuschneiden. Das Problem ist nicht die Meinungsfreiheit, sondern der Wille der Hassenden, die Meinungsfreiheit der Anderen mit Gewalt abzuschaffen.
Gedanken verschwinden nicht, nur weil sie nicht mehr gesprochen werden.
Aus Worten werden Taten. Das stimmt. Aber Worte müssen nicht gesprochen werden, um zu Taten zu werden. Es reicht, wenn sie gedacht werden. Daher bringt es gar nichts, Taten dadurch verhindern zu wollen, dass man die Artikulation der Worte verbietet. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Wer die Artikulation von gewissen Worten verbietet, verhindert dadurch nicht, dass die Worte zu Taten werden. Er verhindert jedoch, dass die Tat rechtzeitig erkannt und gebannt werden kann.
Der Mensch, der in den Augen eines anderen Menschen ein Schwein ist, bleibt für ihn ein Schwein, auch wenn er es nicht mehr sagen darf und auch das Messer in der Hose verschwindet nicht, wenn einem der Mund verboten wird. Worte können zu Taten werden. Gerade deshalb müssen auch die Worte des Hasses artikuliert werden dürfen.
Meinungsfreiheit nutzt dem Gehassten immer mehr als dem Hassenden.
Das Problem in der Zeit des Nationalsozialismus war nicht, dass „Der Stürmer“ zu erwerben war, sondern die Tatsache, dass sich die Nationalsozialisten zunächst die persönliche und später auch die staatliche Gewalt nahmen, andere Meinungen und Zeitungen zu verbieten, die ohne Probleme die Ideologie der NSDAP hätten entlarven können. Die Nationalsozialisten nutzen nicht die Meinungsfreiheit, um das Messer zu ziehen, sondern sie zogen die Messer, um die Meinungsfreiheit zu attackieren.
Nichts fürchten jene, die Unrecht haben, mehr als die Meinungsfreiheit. Darum erklärten die Nationalsozialisten auch in ihrem 25-Punkte-Program unter Punkt 23:
„Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. Um die Schaffung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, Zeitungen, die gegen das Gemeinwohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen eine Kunst- und Literaturrichtung, die einen zersetzenden Einfluß auf unser Volksleben ausübt und die Schließung von Veranstaltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen.“
Aufgrund des „Gemeinwohls“, Meinungen kriminalisieren, Veranstaltungen schließen, Bücher verbieten und Zeitungen abschaffen. Das ist die Gedankenwelt der Nazis. Sie erklärten alles, was sie selber hassen zu Hass, der verboten gehört. Früher wurden Bücher verbrannt, heute werden Internetseiten gelöscht. Einen Unterschied gibt es nur in der CO2-Bilanz.
Keine Meinung ist so harmlos, als dass sie nicht irgendwer zu Hass und Hetze erklären kann. Allein schon deshalb sollte man einem Staat nie die Macht geben, Meinungen zu sanktionieren, denn Mächteverhältnisse ändern sich ständig und von einem Tag auf den anderen kann die eigene Meinung als gefährlich eingestuft werden.
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