Seit einigen Jahren moderiere ich nun schon die Kunst gegen Bares. In dieser Zeit ist mir aufgefallen, dass kaum ein Genre so sehr von Männern dominiert wird wie die Stand Up Comedy und das Kabarett. Warum ist das so? Etliche Versuche wurden bereits unternommen, um dieses Phänomen zu erklären. Sind Frauen etwa nicht lustig?
Doch! Frauen sind lustig. Sie haben nur ein entscheidendes Problem: Viel zu viele Menschen trauen es Frauen einfach nicht zu, lustig zu sein. Das beste Beispiel bietet gerade wieder eine Glosse aus der Frauenzeitschrift Brigitte. Die Glosse ist nichts weiter als polemischer Spott. Es kann gelacht werden, muss aber nicht. Dieser Artikel jedoch, der nur aus etwas mehr als 200 Wörtern besteht, löste eine wahre Empörungswelle aus. Eine Kolumne, die so schnell gelesen ist wie vier Vater Unser (56 Worte), brachte einen geradezu inquisitorischen Zorn über die Autorin Bianka Echtermeyer.
Jetzt möchte ich natürlich nicht das Vater Unser mit diesem Artikel aus der Brigitte vergleichen. Es gibt da selbstverständlich einen entschiedenen Unterschied: Im Vater Unser taucht im Gegensatz zu dieser Glosse nicht einmal der Buchstabe P auf. Dennoch möchte ich einen kleinen Vergleich mit Religionen wagen, denn der Zorn, der über die Autorin gekommen ist, hat wahrhaft inquisitorische Züge angenommen. Wütende Leserinnen, aber vor allem Leser, reagierten mit unzähligen Kommentaren und wüsten Beschimpfungen. Es wurden sogar Zitate aus jener Zeit bemüht, in der Frauen, die es wagten, nicht den ihnen vorgeschriebenen Normen zu genügen, ermordet wurden: „Brenn, Du Hexe!“ Teilweise gab es sogar Morddrohungen.
Morddrohungen! Hatte Bianka Echtermeyer etwa Witze über Mohammed gemacht? Nein. Schlimmer! Sie hatte eine „Schmähkolumne“ gegen (Triggerwarnung!) alternde Skater verfasst:
„Das sind oft Typen, die eine schräge Pony-Frisur tragen, nie lächeln und nach der Party von letzter Nacht riechen. Am liebsten würde ich die am ergrauten Schopf packen und anschreien: „Hör auf damit! Dafür bist du zu alt.“
Skateboards gehören zu kleinen Jungs. Basta. Nicht zu Menschen, die selbst Steuern zahlen und beim Orthopäden in Behandlung sind. Falls sich Männer über 30 austoben wollen, können sie gern schnelle Autos fahren, Fußball spielen oder auf Bäume klettern. Das stört mich nicht. Aber lasst bitte die Skateboards in Ruhe. Ich laufe ja auch nicht im rosa Tutu über die Straße. Aus manchen Dingen wächst man einfach raus: Das ist nicht spießig, das ist so. Und ehrlich: Erwachsen sein ist gar nicht schlimm. Versprochen.“
Großartig. Also ich habe sehr gelacht. Mir ist vor Lachen sogar mein Lego-Raumschiff aus der Hand gefallen! Viele aber konnten über diese Sätze nicht lachen und reagierten mit einem Zorn, der selbst manch einen Fundamentalisten als Scherzkeks wirken lässt. Zwar wurden noch keine Botschaften angezündet, aber die Brigitte reagierte schon in der typischen Art und Weise, wie viele reagieren, wenn irgendwo ein Mob behauptet, es seien religiöse Gefühle Verletzt wurde. Die Redaktion entschuldigte sich:
„Wir möchten uns an dieser Stelle offiziell bei Ihnen entschuldigen. Es war nicht unsere Absicht, Gefühle zu verletzen, jemanden zu beleidigen oder zu diskriminieren.“
Ja, männliche Skater über 25 sind wirklich eine Minderheit, die gegen schwere Diskriminierungen zu kämpfen haben. Es ist geradezu ein Skandal, dass selbst Juden und Muslime einen Zentralrat in Deutschland haben, wo doch diese Gruppe der Inbegriff einer verfolgten Minderheit ist! Ich verlange die Einberufung einer deutschen Skater-Konferenz und die Errichtung eines Mahnmals für die verfolgten Skater über 25 in Europa! Als Entwurf schlage ich ein Feld vor mit unzähligen in den Boden gerammten Rollbrettern!
Bianka Echtermeyer hat nichts weiter gemacht, als komische Stereotypen zu nutzen. Es ist die gleiche Technik, mit der Mario Barth die Stadien, Atze Schröder die Hallen, Dieter Nuhr die Säle und Chris Tall die Räume füllt. In vielen männlichen Nummern müssen sich ältere und alte Frauen weit üblere, aber nicht selten lustige, Scherze gefallen lassen. That’s fucking stand up! Würde man mit den vier gerade genannten Männer auch nur ansatzweise so kritisch verfahren, wie mit Bianca Echtermeyer, Atze Schröder Puppen täten allerorts brennen und das Berliner Rathaus würde von tobenden Frauen gestürmt werden.
Der Segen des Internets ist: Jeder kann es benutzen!
Der Fluch des Internets ist: Jeder kann es benutzen!
Seit Tagen schon fegt ein Shitstorm über die Facebook-Seite der Brigitte hinweg. Egal um was für ein Posting es geht, die beleidigten Rollbrettfundamentalisten haben dazu aufgerufen, überall mit Skateboardinhalten zu kommentieren.
Diese ganze Aktion ist dabei nichts weiter als die Furcht vieler Menschen vor der komischen Frau. Komische Frauen nämlich sind keine Objekte mehr, sondern selbstbewusste Subjekte, die sich die Objekte ihres Spotts selber aussuchen. Davor hat noch so manch ein Junge mit seinem Spielzeug in der Hand Angst.