Ein Gastbeitrag von Tano Bokämper.
Wenn ich mich selbst politisch einordnen müsste, dann würde ich mich eindeutig als linksliberal einstufen. Natürlich wird man von seinem persönlichen Umfeld entsprechend geprägt und so ist es nur selbstverständlich, dass mein soziales Umfeld aus ähnlich gesinnten Menschen besteht. Auch wenn wir manchmal in heftige Diskussionen verfallen, so besteht in meinem Freundeskreis im Großen und Ganzen Einigkeit über Toleranz, Gleichberechtigung, Asylrecht und universelle Menschenrechte. Nur was das Thema Israel und Nahostkonflikt angeht, so stehe ich mit meiner Haltung oft alleine da!
Nun möchte ich meinen engsten Freunden natürlich auf gar keinen Fall unterstellen, in Wirklichkeit verkappte Antisemiten zu sein, die versuchen die „deutsche Schuld“ mit der „jüdischen Schuld“ zu relativieren. Meistens ist es einfach Unwissenheit. Zum Beispiel der Irrglaube, Israel sei von Amerika eingerichtet worden und hätten 1948 den Krieg nur durch amerikanische Finanzspritzen gewinnen können. Die Bedrohung Israels sei ein Vorwand der USA um den Iran anzugreifen etc. Unter Anderem viele Argumentationsmuster die mir neuerdings in der „linken“ Friedensbewegung verstärkt auffallen.
Ich möchte hier auf gar keinen Fall eine Lanze für einen israelischen Angriff auf den Iran brechen, oder ihn als Möglichkeit der Konfliktlösung betrachten, stelle mir jedoch die ein oder andre Frage: Wie ist es möglich, dass Leute, die für universellen Frieden eintreten, ein Regime in Schutz nehmen, das öffentlich der Zivilbevölkerung eines anderen Staates die Existenzberechtigung abspricht, in Schutz genommen wird, ja der Bedrohte sogar zum Aggressor erklärt wird?
Wie ist es möglich, dass die selben Leute, die Banner mit dem Spruch „Kein Mensch ist illegal“ hochhalten, die Existenz von Juden in Palästina als Provokation empfinden? Weil sie verkappte Antisemiten sind? Oder sind es möglicherweise die Quellen, aus denen sich informiert wird?
So wurde mir von wohlmeinenden Freunden des Öfteren der Youtube-Kanal einer Organisation namens Wissensmanufaktur empfohlen. In den meisten Videos der selbsternannten Wissensmanufaktur geht es um Kapitalismuskritik, die von einem recht sympathisch wirkenden Wirtschaftswissenschaftler namens Andreas Popp in recht schlüssiger Argumentation vorgetragen werden.
Ich hatte mir zwei, drei Videos dieses Herrn Popp angeschaut und auch wenn ich ein zwei Sachen mit Skepsis betrachtete, so hielt ich das Ganze für linke Kapitalismuskritik eines seriösen Wissenschaftlers, der sich entsprechende Gedanken macht. Bis ich auf ein Video mit dem Inhalt Israel-Iran Konflikt stieß. Da wurden von dem eben noch seriösen Andreas Popp auf einmal wilde Verschwörungstheorien geäußert, und angebliche Geheiminformationen, ohne zu erwähnen, warum ausgerechnet er diese „geheimen“ Informationen haben soll.
Ich wurde skeptisch, da sich das Ganze in meinen Augen doch sehr nach „amerikanisch-jüdischer Weltverschwörung“ anhörte. In einem weiteren Video tauchte dann jener Andreas Popp im Interview mit einem Herrn Prof. Dr. Michael Friedrich Vogt auf. Prof. Dr. Vogt ist nach Angaben der Wissensmanufaktur ebenfalls mitwirkender Autor und Initiator dieses „Onlinedienstes.“ Zu seiner Person gibt es einiges zu erzählen:
Herr Dr.Vogt ist Mitglied der ultrarechten, Münchener Burschenschaft Danubia. Die Burschenschaft Danubia erlangte 2001 deutschlandweite Bekanntheit, weil sie einem rechtsradikalen Gewalttäter Unterschlupf gewährten, und steht seit den 70er Jahren unter Beobachtung des bayerischen Verfassungsschutzes. Voght wurde 2007 als Professor an der Uni Leipzig rausgeschmissen, weil er einen Film Produziert hatte, in dem Rudolf Hess als Friedensbringer und Mordopfer des britischen Geheimdienstes dargestellt wurde. Heute verdient er sein Geld mit geschichtsrevisionistischen Vorträgen, die Adolf Hitler vom Vorwurf der Schuld am 2. Weltkrieg rehabilitieren sollen.
Nach eigenen Angaben der Wissensmanufaktur wirkt an ihrem Projekt auch ein Herr Dr. Karl Albrecht Schachtschneider mit. Dr. Schachtschneider gründete 1994 eine kleine rechtspopulistische Splitterpartei namens Bund freier Bürger, hält regelmäßig Vorträge bei allen rechtspopulistischen Vereinigungen, die es gibt, und unterstützt die AFD im Wahlkampf. Desweiteren publiziert Schachtschneider des Öfteren in der Jungen Freiheit und im Verschwörungsmagazin Compact des Herausgebers Jürgen Elsässer.
Die Wissensmanufaktur scheint im Allgemeinen die Verbrüderung mit Herrn Elsässer nicht zu scheuen. Herr Elsässer ist vor allem für Zitate bekannt wie: „Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden.“
2009 bekam er eine Privataudienz bei Machmud Ahmadinejad und meinte, man dürfe dem Iran keine „deutschen Holocaust Meinungsgesetze“ aufzwingen!
Zur Person des Hauptinitiators Andreas Popp gibt es noch zu erwähnen: Laut Psiram (früher Eso Watch) ist Popp ist bekennender Anhänger der „Germanischen neuen Medizin“ des Dr. Ryke Gerd Hamer. Einem Mediziner, dem 1986 die Approbation entzogen wurde, weil seine Theorie, “der Krebs wurde von den Juden erfunden um Chemotherapien verkaufen zu können“, von der Ärztekammer nicht als medizinische Lehrmeinung akzeptiert wurde! Hamer saß wegen Betruges mehrfach in Haft und hat ca. 80 Patienten auf dem Gewissen, die seinem „medizinischen“ Urteil vertrauten!
Zu jedem Einzelnen auf der eigenen Homepage aufgeführten Mitwirkenden der Wissensmanufaktur sind mindestens Kontakte in die rechte Szene nachweisbar!
Wer jetzt noch glaubt, die Wissensmanufaktur sei eine harmlose Organisation, die lediglich Systemkritik ausübt und für Freiheit und Frieden eintritt irrt gewaltig. Es handelt sich vielmehr um ein Bündnis brauner Esoteriker, die sich im Gewand eines pazifistischen Systemkritikers tarnen. So traten in letzter Zeit häufig auf den, eigentlich linken, Montagsdemos Mitglieder der Wissensmanufaktur als Redner auf. Sie geben vor, für Frieden und gegen ausbeuterischen Kapitalismus zu sein und bedienen sich linker Rhetorik. Meist erhalten sie Beifall von naiven Gleichgesinnten, nur mit dem Unterschied, dass sie ein ganz klares Ziel der Schuldzuweisung für alle Missstände dieser Welt haben. Selbstverständlich „die Juden“!
Positionen, die jeder vernünftige Mensch sofort unterschreiben würde, dienen als Lockmittel, um Leute für antisemitische Verschwörungstheorien zu gewinnen. Beispielsweise die Behauptung, dass Banken verdienen, wenn sie Kriege finanzieren, ist natürlich ein unstrittiger Fakt. Da würde niemand widersprechen! Wem gehören die Banken? Goldman Sachs, Bankhaus Rothschild. Natürlich “ Juden“!
So wird durch einfaches Namedropping aus dem Einsatz für den Weltfrieden ganz schnell Antisemitismus! Und dass die Juden eine unterdrückerische, kriegstreiberische Gesinnung haben, verdeutlicht sich ja an ihrem Umgang mit den Palästinensern.
Ich möchte hier keineswegs die tatsächlichen palästinensischen Opfer des Nahostkonfliktes kleinreden, jedoch sollte jedem vernünftigen Menschen klar sein, dass Israel, weder jemals einen Genozid an den Palästinensern begangen hat, noch einen plant oder durchführt. Trotzdem tauchen auch in der Friedensbewegung immer wieder Behauptungen auf, Israel würde die Palästinenser behandeln, wie die Nazis einst die Juden.
Ganz klar, wer für universelle Menschenrechte eintritt, muss einen solchen Missstand natürlich anprangern dürfen, ohne gleich als Antisemit dargestellt zu werden! Immerhin wird Israel auch von Amnesty International und der UN wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt. In derart seriösen Gremien, die sich für universelle Menschenrechte stark machen, sitzen mit Sicherheit keine Antisemiten. Oder?
Das dachte ich auch! Bis ich auf einen Herrn Dr. Alfred de Zayas stieß. Dr. Alfred de Zayas ist UN-Sonderberichterstatter für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung, Mitglied bei Amnesty International und sitzt im Kuratorium der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte. De Zayas ist Mitglied einer schlagenden Verbindung in Tübingen und hält das Recht auf Leugnung des Holocaust ebenfalls für ein universelles Menschenrecht. 2005 machte er sich für die Abschaffung des französischen Loi Gayssot stark, dass Holocaustleugnung in Frankreich unter Strafe stellt. Auch ist er Beiratsmitglied des Zentrums gegen Vertreibungen des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin. 2004 erhielt er den Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft. In seinem 1979 erschienenem Buch „Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle“ machte de Zayas die Juden für stalinistische Kriegsverbrechen an Deutschen während des 2. Weltkrieges verantwortlich. In weiteren Publikationen stilisiert er Nazideutschland gerne als Opfer der Alliierten und relativiert jüdische Opfer des 2. Weltkrieges durch Dramatisierung der Vertreibung der Sudetendeutschen. Desweiteren nahm Herr Dr. de Zayas 2005 auf dem Hause der bereits erwähnten Burschenschaft Danubia zusammen mit Horst Mahler, Deutschlands berühmtesten Holocaustleugner, an den sogenannten Bogenhausener Gesprächen teil.
Eine Veranstaltung zu der jährlich rechte Politiker, Geschichtsrevisionisten und sämtliche Holocaustleugner, die es gibt, zu Vorträgen geladen werden. Selbst Mitglieder des ultrarassistischen Ku Klux Klans sind auf der Referentenliste der Burschenschaft Danubia vertreten.
Natürlich drängt sich dem Leser hier die Frage auf, was ich damit erklären will. Dass ein paar rechte Spinner Israelkritik als Podium für die Verbreitung von Antisemitismus nutzen, ist doch keine neue Erkenntnis! Das kann doch im Umkehrschluss nicht bedeuten, dass legitime Kritik auch als Antisemitismus gewertet wird? Natürlich nicht!
Aber diese Rechten sind gefährlicher als Andere! Sie sehen aus wie Linke, sie argumentieren wie Linke es tun, und sie geben vor, die selben Werte zu haben. Weil sie einem so ähnlich erscheinen, vertraut man ihnen und wird empfänglich für Ihre Argumentation. Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Die Rechten und die Linken geben sich hinter meinem Rücken die Hand!“
Also passt auf, dass Ihr nicht den Falschen die Hand gebt. Manche Friedenstauben tragen keinen Ölzweig im Schnabel sondern das Hakenkreuz!
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(TINTB)