Gerhard Schüer – Ein Nachruf

Gerhard Schüer (geb. 25. Juli 1931 in Dankern, gest. am 24. Dezember 2018 in Meppen)

Heute, am Heiligen Abend 2018 ist er von uns gegangen. Mein Opa.

Ich erinnere mich an all die kleinen Dinge:

– wie Opa Schlagzeug spielt.
– wie Opa Bratkartoffeln brät.
– wie Opa auf seinem Rasenmähertraktor fährt.
– wie Opa unserem Hund in der Küche Würstchen zusteckt.
– wie Opa Fahrrad fährt, um „Tuffeln“ zu holen.
– wie Opa die Holzhütte baut.
– wie Opa Sudoku löst.
– wie Opa den Weihnachtsbaum schmückt und die Krippe aufstellt.
– wie Opa sein Weihnachtsgeschenk auspackt.

Es war immer das gleiche Weihnachtsgeschenk.

Jedes Jahr am Heiligen Abend packte Opa unter dem Weihnachtsbaum eine Flasche Eau der Toilette von Tabac Original aus. Dieser Duft von Edelhölzern wird für immer mit meinem Opa verbunden sein.

Opa war ein edler Mann, obwohl, nein gerade weil er aus einfachen Verhältnissen kam. Die Ruhe, Sorgfalt und Liebe, mit der er Jahr um Jahr die Flasche Eau de Toilette unter dem Weihnachtsbaum auspackte, beeindruckte mich. Er wusste, was er bekam. Dennoch zelebrierte er das Ritual.

Von Opa habe ich gelernt, dass man Geschenke heiligt. Die Gabe zu schenken, ist eines der höchsten Fähigkeiten des Menschen. Im Moment des Schenkens zeigt sich der Mensch von seiner besten Seite. Opa wusste das und er ehrte diese Fähigkeiten des Menschen.

Später am Abend sangen wir dann immer gemeinsam Weihnachtslieder. Wir taten dies immer, unabhängig davon, ob uns das Jahr zuvor Leben geschenkt oder genommen hatte. Singend sagten wir Dank für uns und für das Leben, das wohl größte Geschenk.

Acht Kindern hat Opa das Leben geschenkt, zusammen mit meiner Oma, mit der er 66 Jahre verheiratet war. Es war Liebe, das andere große Geschenk. Ein Kind starb bereits im Kinderbett. Seine Name war Gerd, wie mein Opa. Heute trage ich den Namen und ich trage ihn in Ehren.

Sieben Kinder zog mein Opa mit meiner Oma groß. Darunter war auch meine Mama. Sie gab das Geschenk des Lebens und der Liebe an mich weiter und immer, wenn es mal etwas schwerer lief im Leben, dann konnten wir uns auf Opa verlassen.

Als ich Opa das erste Mal mit meiner Frau besuchte, die damals noch meine Freundin war, war ihm sofort klar, dass sie die Frau meines Lebens sein würde. Als sie am Küchentisch fragte, ob sie noch etwas von der Suppe haben könne, die er gekocht hatte, machte er mir unmissverständlich klar, dass ich schön blöd wäre, wenn ich diese Frau nicht ehren und gewinnen würde.

Opa wusste, was Geschenke sind und er ehrte sie, vor allem das Leben und die Liebe.

Heute ist Heilig Abend. Heute abend wird wieder eine Flasche Tabac Original unter dem Weihnachtsbaum stehen. Heute wird sie jedoch nicht ausgepackt.

Aber wir werden singen, auf das Leben, auf die Liebe und auf das göttliche Geschenk, das dieser Mann für mich und seine seine ganze Familie war.

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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