Dann entfreunde ich Dich!

Wenn Du in einer Gruppe bist, in der gefordert wird, man solle sich doch bitte selbst entfreunden, wenn man einer gewissen politischen Partei nahe steht, dann verlasse diese Gruppe, egal wo Du stehst!

Es ist bei solch einer Aufforderung irrelevant, welcher Partei man tatsächlich nahe steht. Es ist schlicht nicht ratsam, mit einer Person befreundet zu sein, für die es akzeptabel ist, andere Menschen moralisch zu erpressen.

Ich habe Freundinnen und Freunde verschiedenster politischer Gesinnungen. Ich bin mit Menschen befreundet, die links und rechts wählen. Sowohl Wähler der Partei Die Linke als auch Wählerinnen der AfD zähle ich zu meinen Freundinnen und Freunden. Keine der beiden Parteien habe ich jemals gewählt. Ich habe Freunde, die nenne ich aus Liebe und Respekte Freund*innen, andere wiederum verfassen Texte gegen das sogenannte „Gendergaga“.

Ich liebe meine Freunde, deshalb sind sie ja meine Freunde!

Wenn meine Freunde Parteien wählen, die ich verabscheue, mache ich mir klar, dass ich diese Parteien aufgrund meiner eigenen Perspektive und wegen meiner persönlichen Gewichtung von Themen verabscheue.

Wenn eine Freundin, die ich sehr schätze und achte, eine mir völlig fremde Partei wählt, scheint sie in der Partei etwas Gutes zu erkennen, das ich nicht erkennen kann, weil ich zu sehr gegen diese Partei eingenommen bin. Irgendetwas Gutes aber muss an dieser Partei sein, denn meine Freundin wählt sie und meine Freundin ist gut. Sie ist nicht dumm, ignorant, verblendet oder böse; sie ist gut.

Ich kann meine Freundin somit offen fragen, warum sie die Partei wählt und ihr dann zuhören, ohne sie belehren zu wollen. Wenn ich dazu nicht in der Lage bin, dann rede ich einfach über andere Dinge mit ihr. Wir sind schließlich befreundet und werden gewiss noch eine Menge anderer Themen haben als Politik.

Ich sende ihr auch nicht ständig via Mail oder Kurznachrichten Artikel, Filme, Witze und Dokumentationen, die ihre Seite kritisieren oder meine Position unterstützen.

Kennst Du Leute, die Dich nur noch kontaktieren, um Dir zu zeigen, wie lustig und klug jemand anderes Deine Position auseinandergenommen hat? Frage Sie einfach mal folgendes: „Wann hast Du mich das letzte Mal kontaktiert, um mich zu fragen, wie es mir geht?“

Freunde sind nicht dazu da, um sie gleich und unterwürfig zu machen. Freunde sind dazu da, um mit ihnen ein Teil des Lebens zu teilen und dabei zu lachen, zu weinen und vielleicht sogar etwas zu lernen.

Es ist großartig, wenn Freunde eine andere Meinung haben. So kann ich nämlich in Zuneigung erkennen, dass der Gegner kein Feind sein muss, sondern Freund sein kann.

Jetzt höre ich manch einen sagen: „Und was ist mit der NPD?“ Darauf kann ich nur sagen: Ich habe keine Freunde, die die NPD wählen. Ich habe auch keine Freunde die Nazis sind, keine Freundinnen die Stalinistinnen und keine Freund*innen die schwulenhängende Islamisten sind. Meine Freundinnen und Freunde sind anständige Menschen.

Menschen, die ihre Freundschaften davon abhängig machen, wie man zu der aktuellen deutschen, amerikanischen, russischen, israelischen oder türkischen Regierung steht, sind keine Freunde. Sie können keine Freunde sein, da sie ihre Ideologien über ihre menschlichen Zuneigungen stellen.

Politik ist nicht das Leben. Politik ist nur ein winzig kleiner Teil des Lebens.

Wenn Dich vermeintliche Freunde nur kontaktieren, um wieder etwas zu Deiner politischen Ansicht loszuwerden, wenn sie stets und ständig versuchen, Dich zu bekehren und zu belehren, wenn sie Dich schon lange nicht mehr gefragt haben, wie es Dir geht, aber dafür umso öfter, was Du denn zu dieser und dieser Verfehlung „Deiner Partei“ sagst und wenn diese „Freunde“ dann auch noch öffentlich in sozialen Netzwerken verkünden, was sie von Menschen wie Dir halten, dann glaube ihnen!

Wenn sie Dich bitten, Dich zu entfreunden, tue ihnen diesen letzten Gefallen und zwar als echten Freundschaftsbeweis.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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