Meine Position zur „Initiative GG 5.3. Weltoffenheit“

„Sehr geehrter Herr Buurmann“, so beginnt eine Mail, die ich am 11. Dezember 2020 erhielt: „Ich bin freie Autorin für Öffentlich-Rechtliche Hörfunksender in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mir geht es um die „Initiative GG 5.3. Weltoffenheit“ und Ihre Position dazu. Welche wäre das? Würden Sie sich dazu äußern?“

Mit der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ beziehen sich die Unterzeichner des Aufrufs auf einen Beschluss des deutschen Parlaments im Mai 2019. Das Parlament hatte die Bundesregierung aufgefordert, Vertreter und Unterstützer der israelfeindlichen Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) nicht mehr finanziell und organisatorisch zu unterstützen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und großen Teilen der Grünen angenommen. Alle Fraktionen kritisierten, dass aus den Reihen der BDS-Bewegung dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen werde.

Diese Resolution wird von der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ als Angriff auf die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit verstanden. Zu den Initiatoren gehören die Berliner Festspiele, das Deutsche Theater Berlin, das Goethe-Institut und die Kulturstiftung des Bundes. Unterzeichnet wurde der Aufruf unter anderem von dem Düsseldorfer Schauspielhaus, den Münchner Kammerspielen, dem Schauspiel Köln und dem Staatsschauspiel Dresden. Sie alle warnen vor einer Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Kunst- und Wissenschaftsfreiheit durch die „mißbräuchliche Verwendung des Antisemitismusvorwurfs“. Sie fordern, bei der Meinungsäußerung eine „Differenz“ zuzulassen und „einer Vielstimmigkeit Freiräume zu garantieren“.

Alle oben genannten Institutionen werden im Gegensatz zu mir fürstlich staatlich subventioniert. Auch die Journalistin, die mir die Fragen gestellt hat, verdankt den größten Teil ihrer Einnahmen einem Rundfunkstaatsvertrag.

Wenn die Institutionen der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“ unbedingt mit BDS zusammenarbeiten wollen, müssen sie einfach nur auf die staatlichen Gelder verzichten. Dann sind sie frei und können kritisieren und lästern über wen und so viel sie wollen.

Ich bin ein freier Künstler. Mir kann keine Regierung und kein Parlament sagen, wozu ich zu schweigen und worüber ich zu reden habe. Daher hier nun meine Antwort als freier Künstler:

Sehr geehrte freie Autorin für Öffentlich-Rechtliche Hörfunksender in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert meine Meinungsfreiheit. Ich kann sie nutzen, wie es mir beliebt. Ich frage mich jedoch, warum soll ich sie nutzen, um Israel zu kritisieren und zu boykottieren? Das machen doch eh schon genug.

Die Gründungscharta der Hamas fordert die Vernichtung des ganzen jüdischen Volkes (Artikel 7) und die Zerstörung Israels (Artikel 13). Minister der Hamas rufen zur Vernichtung aller Juden auf, die sie öffentlich, auf Plätzen, in Moscheen und im Fernsehen, als Ungeziefer und Bakterien bezeichnen, deren Kehlen durchgeschnitten und Familien ermordet gehören.

Wer Israel boykottiert, boykottiert das einzige Land im Nahen Osten, in dem Muslime sicher in einer Demokratie leben, die es ihnen erlaubt, schwul oder lesbisch zu sein. Sie haben die gleichen Rechte, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger des Landes, unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer Hautfarbe. Israel ist das einzige Land im ganzen Nahen Osten, in dem das Volk seine Regierung wählen und vor allem abwählen kann.

Ein Judenhasser kritisiert an Juden Dinge, die er bei Nicht-Juden durchgehen lässt. Ein israelischer Politiker wird bereits verteufelt, wenn er kein Heiliger ist. Ein arabischer Politiker jedoch wird schon zum Heiligen erklärt, wenn er kein Teufel ist. Israel muss übermenschlich sein, um existieren zu dürfen. Für den Rest der Welt reicht es, menschlich zu sein. Warum soll ich meine Freiheit nutzen, um bei dieser Doppelmoral mitzumachen? Ich nutze Artikel 5 lieber dazu, Israel zu loben. Israel ist zwar nicht perfekt, aber es gibt kein Land auf der Welt, das es bei vergleichbarer Gefahr besser macht oder gemacht hat.

Israel das einzige Land, das trotz des seit 1948 anhaltenden Krieges, den die Gegner Israels in der Absicht führen, das ganze Land mitsamt seiner Bevölkerung vollkommen auszulöschen, an sämtlichen Grundprinzipien einer demokratisch verfassten Gesellschaft festgehalten hat. Das ist einmalig in der Geschichte.

Auf der ganzen Welt ist Kritik an Israel und am Judentum erlaubt. Manch deutliche Kritik an der israelischen Regierung kommt aus Israel selbst. In vielen Ländern ist Israel die am meisten kritisierte Nation. Die Vereinten Nationen haben Israel öfter kritisiert als alle übrigen Länder der Welt zusammen. Von Nordkorea bis zu den USA, von Russland bis Afghanistan haben alle Länder zusammen weniger internationale Kritik einstecken müssen als Israel. Warum also soll ich Artikel 5 nutzen, um eine Kritik zu üben, die eh überall zu vernehmen ist?

Wenn es etwas nicht braucht, dann noch mehr Kritik in Richtung Israel. Was es jedoch sehr wohl braucht, ist deutlich mehr Kritik an jene Regime, wo Menschen, die es wagen, Kritik zu üben, diese Kritik mit dem Tod bezahlen. Warum nutzen wir Artikel 5 nicht viel öfter und kritisieren Regime, in denen Kritik verfolgt wird?

Wenn etwas unsere Solidarität braucht, dann nicht Kritik an Israel. Diese Kritik ist eh überall zu hören. Es mangelt an Kritik am Verhalten und Handeln der Feinde Israels. Diese Kritik ist nämlich an manchen Orten der Welt lebensgefährlich.

Ich bin für Israel, nicht weil ich glaube, irgendwer habe irgendwo zuerst seinen Fuß in den Sand gesetzt, oder irgendein Gott habe irgendeinen bärtigen Mann zum Kaffeeklatsch eingeladen, um dabei die Welt aufzuteilen, sondern weil Israel das einzige Land im Nahen Osten ist, in dem Frauen und Männer gleichberechtigt sind, Homosexualität staatlich anerkannt ist, die Meinung, Kunst und Wissenschaft frei sind, keine Religion diskriminiert wird und Juden weder besser noch schlechter sein müssen als alle andere Menschen.

Jeder Quadratmeter im Nahen Osten, der sich ein Beispiel an Israel nimmt, ist ein gewonnener Quadratmeter.

Warum also soll ich das Land kritisieren, das mich leben lässt, wie ich bin und nicht viel mehr all die Länder, in denen ich verfolgt werde, weil ich so bin, wie ich bin?

Alles Liebe,
Gerd Buurmann, freier Künstler

Ich bin ein freier Künstler und Autor. Mein Geld verdiene ich nicht über Ihre Steuergelder. Ich lebe von Ihren freiwillig gezahlten Geldern. Sollten Sie mich, Gerd Buurmann, daher in meiner Arbeit als Autor, Künstler oder Betreiber von „Tapfer im Nirgendwo“ unterstützen wollen, überweisen Sie gerne einen Betrag Ihrer Wahl auf mein Konto oder nutzen Sie PayPal.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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