Da sind schon Widerstände hier

„Guten Tag, wir möchten Sie um ein Interview über Ihre Tätigkeit bitten, da wir uns für Palästina einsetzen und Sie gerne unseren Leserinnen und Lesern vorstellen möchten. Freue mich sehr auf Ihre positive Antwort.“

Diese Anfrage erhielt ich im Sommer 2015 von einer Redaktion, die mit Leuten zusammenarbeitet, die mich als Terroristen, Zionazi, Brandstifter oder Kriminellen bezeichnen. Ich schrieb zurück: „Gerne. Wann?“ Die Antwort kam prompt: „Wenn Sie möchten, schicke ich Ihnen die Fragen per E-Mail zu.“ „Immer gerne“, antwortete ich und dann kam lange Zeit nichts mehr.

Irgendwann hakte ich nach: „Ich freue mich sehr auf die Fragen.“ Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: „Muss überlegen, wie ich das anstelle, da Sie völlig anders denken als ich selbst und die Sache verwickelt ist aufgrund all derer, die schon interviewt wurden.“

Ich schrieb zurück: „Fragen Sie einfach frei heraus. Nur so können Sie mich kennen lernen.“

Dann kamen die Fragen:

„1.- Wann und wie kamen Sie zur Palästinafrage und wie sehen Sie das Problem zwischen Israelis und Palästinensern? Welche sind für Sie die Ursachen des Konfliktes?

2.- Wie sehen Sie persönlich den Islam und welchen Bezug haben Sie zu den Muslimen? Auch die Motivation, die Sie dazu gebracht hat, den Artikel meines Erachtens satirischen über Ihre „Bekehrung“ zum Islam zu schreiben?

3.- Welchen Unterschied sehen Sie zwischen Judentum und Zionismus?

4.- Viele sagen, es ging um einen doppelten Standard, da das Leid der Palästinenser nicht denselben Wert hat wie das der Juden im 2. Weltkrieg. Was möchten Sie darüber sagen?

5.- Welcher ist Ihrer Meinung nach der fundamentale Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus?

6.- Was bedeutet für Sie das Theater? Was kann man als Schauspieler durch das Theater den Menschen zeigen?

7.- Welche sind für Sie die wichtigsten Grundlage des interreligiösen Dialogs zwischen den monotheistischen Religionen?“

Ich schrieb folgende Antworten:

„1.- Wann und wie kamen Sie zur Palästinafrage und wie sehen Sie das Problem zwischen Israelis und Palästinensern? Welche sind für Sie die Ursachen des Konfliktes?

Ich kam zu dem Thema, weil ich immer wieder und von den verschiedensten Seiten ein und den selben Satz hörte: „Man darf Israel nicht kritisieren!“ Dann aber wurde stets ausnahmslos Israel kritisiert.

Was verblendet Menschen so sehr, dass sie nicht mal mehr merken, wie absurd es ist, die Behauptung aufzustellen, etwas sei nicht möglich, obwohl sie es selbst ständig machen?

Diese Verblendeten faseln von pro-israelischen Medien, obwohl Israel das mit am meisten kritisierte Land in der deutschen Medienöffentlichkeit ist. Mich interessiert diese Blindheit, die nur ideologisch erklärt werden kann.

Als Israel gegründet wurde, erklärte Israel in seiner Unabhängigkeitserklärung, allen Nachbarn die Hand zum Frieden und zur guten Partnerschaft zu reichen. Von den arabischen Nachbarn jedoch wurde Israel am Tag der Unabhängigkeitserklärung ein Vernichtungskrieg erklärt. Die Hamas erklärt in ihrer Gründungscharta, alle Juden weltweit vernichten zu wollen. Der Grund des Konflikts ist somit sehr einfach zu erklären: Die eine Seite will die andere Seite ausrotten. Wenn die Hamas ihre Waffen niederlegt, gibt es Frieden. Legt Israel jedoch die Waffen nieder, wird Israel vernichtet. Das ist der Konflikt!

2.- Wie sehen Sie persönlich den Islam und welchen Bezug haben Sie zu den Muslimen? Auch die Motivation, die Sie dazu gebracht hat, den Artikel meines Erachtens satirischen über Ihre „Bekehrung“ zum Islam zu schreiben?

Der Islam ist eine Religion. Der Gemeinschaft beizutreten, ist erschreckend einfach, wie ich finde. Ich stehe mit Muslimen auf der Bühne und teile mein Leben mit ihnen. Ob jemand Muslim ist, ist für mich irrelevant, wenn es um Freundschaften geht. Meine Bekehrung zum Islam habe ich vorgenommen, um zu zeigen, wie einfach das ist. Außerdem wollte ich zeigen, dass der Islam nur eine Religion ist. Ich finde, der Islam wird einfach viel zu ernst genommen. Wir brauchen mehr Witze über den Koran und Mohammed, mindestens so viele Witze, wie über Jesus und Moses. Ich finde eine Religion amüsant, die die Eicheln der Männer offen legt, aber die Köpfe der Frauen verhüllt.

3.- Welchen Unterschied sehen Sie zwischen Judentum und Zionismus?

Das Judentum ist eine Religionsgemeinschaft wie der Islam, aber auch ein Volk wie die Araber. Zionismus ist Patriotismus für die wunderbare Demokratie Israel, das einzige Land im Nahen Osten, wo ich wegen meines Lebensstils nicht verfolgt werde. Ich bin schon allein deshalb auf Israels Seite, weil es mich auf der anderen Seite schlicht und ergreifend nicht gibt.

4.- Viele sagen, es ging um einen doppelten Standard, da das Leid der Palästinenser nicht denselben Wert hat wie das der Juden im 2. Weltkrieg. Was möchten Sie darüber sagen?

Der Holocaust ist nicht zu vergleichen mit der Situation in Gaza. Die Menschen in Gaza erhalten jährlich Millionen Euro Unterstützung. Israel lässt Medikamente und Nahrungsmittel über die Grenze. Es gibt keine Gaskammern im Nahen Osten. Die Population der palästinensischen Araber in den palästinensischen Autonomiegebieten hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Wer das mit dem Holocaust vergleicht, leugnet den Holocaust.

Wenn man Gaza mit dem Zweiten Weltkrieg vergleichen möchte, dann sind die Palästinenser dort nicht die Juden sondern die Nazis. Das sage nicht ich, das sagen die Minister der Hamas selbst voller Stolz und hissen nicht selten die Hakenkreuzflagge in Gaza und heben die Hand zum Hitlergruß. Der stellvertretende Minister für religiöse Stiftungen der Hamas, Abdallah Jarbu, erklärte zum Beispiel öffentlich im Jahr 2010:

„Juden sind fremdartige Bakterien, sie sind Mikroben ohne Beispiel auf dieser Welt. Möge Gott das schmutzige Volk der Juden vernichten, denn sie haben keine Religion und kein Gewissen! Ich verurteile jeden, der glaubt, eine normale Beziehung mit Juden sei möglich, jeden, der sich mit Juden zusammensetzt, jeden, der glaubt, Juden seien Menschen! Juden sind keine Menschen, sie sind kein Volk. Sie haben keine Religion, kein Gewissen, keine moralischen Werte!“

5.- Welcher ist Ihrer Meinung nach der fundamentale Unterschied zwischen Antisemitismus und Antizionismus?

Es gibt keinen! Ohne Judenhass gäbe es keinen Antisemitismus. Ohne Antisemitismus gäbe es keinen Antizionismus. Der Judenhass ist die Wurzel des Antizionismus. Warum gibt es überhaupt einen Antizionismus? Es gibt schließlich auch keinen Antiiranismus. Warum sollte man gegen Israel sein? Ich bin auch nicht gegen den Iran, obwohl ich die Regierung dort verabscheue. Für Judenhasser ist Israel der Jude unter den Staaten. Alles was dieser Jude macht, ist für sie böse. Das ist reiner, purer Judenhass.

6.- Was bedeutet für Sie das Theater? Was kann man als Schauspieler durch das Theater den Menschen zeigen?

Theater ist für mich Menschendienst. So wie Christen in die Kirche, Muslime in die Moschee und Juden in die Synagoge gehen, um Gott zu dienen, so gehe ich ins Theater, um Menschen zu dienen. Theater gibt die Möglichkeit, andere Perspektiven zu sehen, zu fragen, zu zweifeln, zu lachen und zu weinen. Manchmal gibt Theater sogar die Möglichkeit, etwas zu verstehen.

7.- Welche sind für Sie die wichtigsten Grundlage des interreligiösen Dialogs zwischen den monotheistischen Religionen?

Humor!

Ich schickte die Antworten ab und erhielt zügig diese Antwort: „Danke. Morgen melde ich mich. Schaue jetzt alles durch!“

Am nächsten Tag kam dann die Aussage, dass das Interview bei der Redaktion auf wenig Zustimmung stoße:

„Da sind schon Widerstände hier.“

Dann erscheint das Interview eben Tapfer im Nirgendwo.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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