Am Schabbatmorgen des 15. Januar 2022 betrat ein Mann das jüdische Gemeindehaus Beth Israel im texanischen Colleyville, einem Vorort von Dallas. Er gab an, obdachlos zu sein und bat um Hilfe. Bei dem vermeintlich hilfsbedürftigen Mann handelte es sich jedoch um einen bewaffneten Mann, der in der Synagoge zu seiner Waffe griff und Geisel nahm.
Die Polizeibehörde von Colleyville berichtete, erstmals um 10:41 Uhr einen Notruf erhalten zu haben. Die Polizei wurde später vom FBI und dem Texas Department of Public Safety unterstützt. Die Polizei evakuierte Wohnviertel in der Nähe des Tatorts.
Ein Live-Stream von dem Gottesdienst der Synagoge zeigt die Geiselnahme. Vier Menschen, darunter der Rabbiner der Synagoge, Charlie Cytron-Walker, wurden mitten in einer Bar Mizwa als Geiseln genommen.
Bei der Verhandlung mit den Behörden, die über ZOOM aufgezeichnet wurde, erklärte der Geiselnehmer Malik Faisal Akram: „Wenn jemand versucht, dieses Gebäude zu betreten, sage ich Ihnen, alle werden sterben, Polizisten, Sie, ich, alle.“
Auf dem Video sind ebenfalls diese Worte zu hören: „Ich werde sterben. Weint nicht um mich.“
Kurz nach 17 Uhr gab die Polizeibehörde von Colleyville eine Erklärung ab, eine der Geiseln sei freigelassen worden.
Um 21:21 Uhr befreite ein SWAT-Team des FBI die drei verbliebenen und tötete dabei den Geiselnehmer. Im Anschluss veröffentlichte der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, eine folgende Erklärung via Twitter:
„Gebete erhört. Alle Geiseln sind lebend und sicher draußen.“

Die Gemeinde Beth Israel ist eine reformierte Synagoge. Sie wurde im Jahr 1999 von fünfundzwanzig Familien mit einer Religionsschule mit 75 Kindern eröffnet.
Laut verschiedenen Meldungen habe der Geiselnehmer unter anderem die Freilassung von Aafia Siddiqui verlangt. Die im Jahr 1972 geborene Neurowissenschaftlerin Aafia Siddiqui wurde am 3. Februar 2010 in Manhattan wegen versuchten Mordes verurteilt. Ihr wurde vorgeworfen, auf US-Soldaten geschossen zu haben, die sie in ihrer Gefangenschaft bewacht hatten.
Nach Angaben der US-Regierung wurde Aafia Siddiqui im Juli 2008 von US-Kräften im afghanischen Ghazni zusammen mit ihrem ältesten Sohn festgenommen. Bei einem Verhör soll sie ein Sturmgewehr ergriffen und damit auf amerikanische Soldaten geschossen haben. Von einer Jury wurde sie verurteilt und trat schließlich ihre Haftstrafe von 86 Jahren in einem Gefängniskrankenhaus in Fort Worth an. Der Ort ist ungefähr vierzig Kilometer von der Synagoge entfernt.
Die Freilassung von Aafia Siddiqui wurde schon bei anderen Geiselnahmen gefordert.
Am 16. Januar 2013 kam es in Algerien zu einer Geiselnahme in der Stadt In Aménas nahe der libyschen Grenze. Damals wurden über hundert Geiseln von dem islamistischen Kommando al-Muwaqqiʿūn bi-d-Dimāʾ in Förderanlagen eines Erdgasfeldes genommen. Die Befreiung der Geiseln endete am 19. Januar 2013. Hintergrund der islamistischen Aktion war, dass Frankreich die Streitkräfte Malis im Kampf gegen militante Islamisten unterstützt hatte. Zu den Forderungen der Geiselnehmer gehörte die Freilassung von Aafia Siddiqui und die des ebenfalls in den Vereinigten Staaten inhaftierten Omar Abd al-Rahman.
Die im Jahr 1988 in Arizona geborene Menschenrechtsaktivistin Kayla Jean Mueller wurde zusammen mit ihrem Verlobten Omar Alchani im August 2013 bei Aleppo auf einer Taxifahrt entführt und als Geisel festgehalten. Laut Aussagen mitgefangener Geiseln wurde sie während ihrer Gefangenschaft mehrfach vom damaligen Anführer des Islamischen Staats, Abu Bakr al-Baghdadi, vergewaltigt. Die Geiselnehmer forderten im Verlauf der Geiselnahme der 26-jährigen Frau unter anderem die Freilassung von Siddiqui.
Laut Angsben des Islamischen Staats wurde Kayla Jean Mueller schließlich während eines Luftangriffs jordanischer Kampfflugzeuge auf das syrische ar-Raqqa getötet. Am 10. Februar 2015 wurde die Familie von Mueller in einer E-Mail über ihren Tot informiert. In der Mail waren drei Fotografien enthalten, darunter ein Foto ihrer Leiche.
Der derzeitige Anwalt von Aafia Siddiqui erklärte, seine Mandantin habe absolut nichts mit der Geiselnahme zu tun und bat den Geiselnehmer alle Geiseln sofort freizulassen und sich selbst zu stellen. Er fügte hinzu: „Wir verurteilen die Geiselnahme in der Gemeinde Beth Israel in Colleyville aufs Schärfste.“
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