„Für mich ist das der normale Islam.“

Mohammed Abrini steht in Frankreich vor Gericht, weil ihm vorgeworfen wird, als Mitglied des Islamischen Staats an der Planung der Terroranschläge in Paris am 15. November 2015 und in Brüssel am 22. März 2016 beteiligt gewesen zu sein. Hier sind einige seiner Aussagen vor Gericht, die er am 11. Januar 2022 getätigt hat:

„Für mich bin ich nicht radikal. Zum Beispiel, wie erkläre ich es Ihnen? Es gibt Orte auf der Welt, wie in Saudi-Arabien, da werden Sie finden, dass dort radikale oder seltsame Dinge geschehen, für mich ist das der normale Islam.“

(Pour moi, je ne suis pas radical. Par exemple, comment vous dire ? Il y a des endroits dans le monde, comme en Arabie Saoudite, vous allez trouver que c’est radical ou des choses bizarres, pour moi, c’est l’islam normal.)

Auf die Frage, was er von der Scharia halte, antwortete er, ohne zu zögern:

„Die Scharia ist ein göttliches Gesetz, es wird in vielen Ländern der Welt angewendet, und hier. Es ist das göttliche Gesetz und steht für mich über dem Gesetz der Menschen. Wenn ich ein freier Mensch wäre, ich würde in einem Land leben, in dem es die Scharia gibt.“

(La charia, c’est la loi divine, elle est appliquée dans plein de pays dans le monde, et voilà. C’est la loi divine, et pour moi elle est au-dessus de la loi des hommes. Si j’étais un homme libre, j’irais vivre dans un pays où il y a la charia.)

Die Frage, ob die Scharia auch auf Europa ausgeweitet werden solle, beantworte er wie folgt:

„Der Dschihad ist ein Teil des Islam. Der Islamische Staat, die ganze Welt sah das als etwas Neues an, aber Islamische Staaten hat es immer gegeben. Es wäre daher gut gewesen, wären Historiker auch hier dazu gekommen, ein bisschen darüber zu reden.“

(Le djihad fait partie de l’islam. L’État Islamique, tout le monde voyait ça comme quelque chose de nouveau, mais il y a toujours eu des États islamiques, ça aurait été bien que des historiens viennent ici un peu en parler.)

Angesprochen auf jene, die nach Syrien heimkehren, erklärte er:

„Es gibt Menschen, die nach Gottes Gesetz leben wollen, und ich kann verstehen, dass Menschen mit ihren Familien wegziehen, um an solchen Orten zu leben.“

(Il y a des gens qui veulent vivre selon la loi de Dieu, et je peux comprendre que des gens partent avec leur famille pour vivre dans des endroits comme ça.)

Zum Thema Selbstmordattentate, gab er zwar zu, nicht in der Lage gewesen zu sein, sich selber „in die Luft zu sprengen“ (faire sauter), führte aber dennoch aus, die Anschläge seien verständliche Vergeltungen für die westliche Politik in Syrien.

„Diejenigen, die sich in die Luft gesprengt haben, taten dies als Reaktion auf die Bombardierungen. Da wir nicht die Möglichkeit haben, einen Soldaten vor Ort zu töten, führen wir Anschläge durch. Es gilt Bombardement gegen Anschlag. Ich habe immer gesagt, ich bin dazu nicht fähig. Ich bin zu vielem fähig, aber nicht dazu. Jene, die sich dazu entschieden haben, sind Menschen, die gekämpft haben. Die Anschläge sind eine Reaktion auf Gewalt.“

(Ceux qui se sont fait exploser, c’est une réponse aux bombardements. À défaut d’avoir un soldat tué sur place, on fait des attentats, c’est bombardement contre attentat. J’ai toujours dit, moi je suis pas capable de le faire, je suis capable de bien des choses mais pas ça, ceux qui ont décidé de faire ça, ce sont des gens qui ont combattu, les attentats c’est une réponse à une violence.)

Anne-Laure Arruebo ist eine der 130 Menschen, die in der Terrornacht am 15. November 2015 in Paris ermordet wurden. Sie wurde im Alter von 36 Jahren auf der Terrasse des Belle équipe getötet. Als der Anwalt der Familie von Anne-Laure Arruebo den Angeklagten fragte, ob er den Familien der Opfer etwas zu sagen habe, antwortet er zunächst mit langem Schweigen. Dann sagte er:

„Das ist eine komische Frage. Ich habe nicht erwartet, dass mir so eine Frage gestellt wird.“

(C’est une drôle de question, je n’avais pas prévu qu’on me pose ce genre de question.)

Dann schwieg er wieder eine Weile und erklärte dann:

„Was ich ihnen sagen kann, es ist wirklich traurig, was ihnen passiert ist. Sie sind doppelt Opfer. Opfer der Außenpolitik Frankreichs und der Außenpolitik des Islamischen Staates. (…) Es ist vielleicht an der Zeit, auf die Straße zu gehen, um Frankreichs Außenpolitik herauszufordern.“

(Ce que je peux leur dire, c’est vraiment triste ce qui leur est arrivé. Ils sont doublement victimes, de la politique étrangère de la France et de la politique étrangère de l’État Islamique. (…) Il serait peut-être temps de descendre dans la rue pour contester la politique étrangère de la France.)

Angesprochen sowohl auf die Massaker des Islamischen Staats, als auch auf die dortige Versklavung von Frauen, erklärte er, Napoleon und Dschingis Khan hätten dasselbe getan, wenn ihre Taten nicht sogar noch schlimmer gewesen seien. Angesprochen auf die Enthauptungsvideos des Islamischen Staates, entgegnete er:

„Die Enthauptungen wurden auch in Frankreich durchgeführt. Sie haben ihrem König den Kopf abgeschnitten.“

(Les décapitations, ça se faisait aussi en France, vous avez coupé la tête de votre roi.)

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Die Aussagen von Mohammed Abrini habe ich bei Charlie Hebdo gefunden und selbst übersetzt.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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