„Wir haben noch nicht kapituliert!“

Ein Kommentar zu „Terre des Femmes kapituliert“ von Petra Löffler, Mitfrau von Terre des Femmes, Städtegruppe Pforzheim-Enzkreis.

Gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei – so sollen Frauen und Mädchen weltweit leben können.

Mit diesen schlichten, aber bestechenden Worten, lässt sich die Vision von Terre des Femmes beschreiben. Auf dieses Ziel arbeitet der Verein hin, der vor vierzig Jahren von einer Gruppe um die Journalistin Ingrid Staehle in Hamburg gegründet wurde. Mutig und unbeirrt adressieren Verein und Mitfrauen, in Städtegruppen organisiert, Reizthemen wie ungleiche Bezahlung, Gewalt gegen Frauen, FGM (Genitalverstümmelung), Zwangsehen, kulturelle und religiöse Zwänge wie das Kinderkopftuch, Frauenhandel und Prostitution und vieles mehr. Bis jetzt. Was ist passiert?

Als der Gesetzentwurf zum Verbot von Konversionstherapien (was von TDF begrüßt wird) kurzfristig um eine Kategorie „Geschlechtsidentität“ erweitert wurde, wonach Kinder und Jugendliche mit dem Wunsch, ins andere Geschlecht zu wechseln, „affirmativ“ begleitet werden sollen, mahnten einige fachkundige Mitfrauen (z. B. Psychotherapeutinnen) und Vorstandsfrauen an, man dürfe bei Minderjährigen (!) nicht undifferenziert und ohne fachkundige Prüfung und Beratung nachgeben, insbesondere, wenn damit irreversible körperliche Eingriffe verbunden sind. Eigentlich etwas, was einem der gesunde Menschenverstand sagt.

Es reichte ein Vorwurf einer Transperson auf Instagram und ein Artikel im Tagesspiegel und schon war die Jagd eröffnet. Der Vorwurf der Transphobie steht heute der Beschuldigung im Mittelalter, eine Hexe zu sein, in nichts nach. Man darf danach kein faires Verfahren erwarten, und das Urteil steht schon im Voraus fest.

Trotzdem tat TDF alles, was man in dieser Situation tun kann: Der Verein veröffentlichte eine Stellungnahme, in dem die Vorstandsfrauen offen Buße taten – man habe nicht erkannt, dass der Brief Formulierungen enthielt, die „ungewollt zumindest eine Nähe zur Transfeindlichkeit aufwiesen“.

Vereinsintern gab es eine Veranstaltung, bei der jede Position gehört wurde: die die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti), die einer Trans(Mit-)frau, die ihren langwierigen und schmerzhaften Weg vom biologischen Mann zum Leben als Frau schilderte, Detransitioner, die den Weg von Frau zum Mann und zurück zur Frau gegangen sind (nicht minder schmerzhaft), die Bewertungen von Psychologinnen aus dem Verein und so weiter. Ich habe noch nie eine Veranstaltung erlebt, in der so viele unterschiedliche Aspekte zum Thema ausgewogen angehört wurden.

Daraus entstand das jetzige, meines Erachtens ausgewogene Positionspapier, das von der breiten Mehrheit des Vereins mitgetragen wurde. So glaubte ich jedenfalls. Bis jetzt.

Nichts ist schlimmer als Transphobie, ich weiß, ich wiederhole mich. Da kann frau noch so sehr für Equal Pay, Integration oder gegen Menschenhandel kämpfen – wer mit Dreck beworfen wird, kann sich waschen, so oft er oder sie will – der Gestank geht nicht weg. Und Geldgeber drohen mit Entzug. Die radikale Transgemeinde ist erbarmungslos und ruht nicht eher, bis der (vermeintlichen) Widersacherin die Existenz ruiniert ist.

Obwohl auf der diesjährigen Mitfrauenversammlung der Antrag auf Rücknahme des Positionspapiers mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde, überraschten einige Vorstandsfrauen mit einer eigenmächtigen Handlung. Sie missachten den Willen der Mehrheit und ziehen das Papier zurück.

Damit lösten sie einen Sturm der Entrüstung aus und wurden von einer Welle empörter Reaktionen überzogen. Mir kam ein Zitat von Churchill in den Sinn: „An appeaser is one who feeds a crocodile – hoping it will eat him last.“

Habt Ihr vergessen, so fragte ich die Vorstandsfrauen und die Geschäftsführerin in meiner Protestmail, dass Ihr am Ende trotzdem vom Krokodil gefressen werdet?

Und prompt wurde meine Befürchtung bestätigt. Als queer.de über die Rücknahme des angeblich transfeindlichen Positionspapiers berichtet, schreibt ein Leser mit dem bezeichnenden Namen „Hexe“ boshaft:

Ja, da weiß frau schon, welche Position sie als nächste über Bord werfen muss.

Aber noch ist nichts entschieden.

Wir, lieber Herr Buurmann, haben noch nicht kapituliert. Wir stehen hinter Inge Bell – #saveTDF Unsere Städtegruppe veranstaltet demnächst eine Bilderausstellung zum Thema Zwangsheirat unter dem Motto: „Mit dem Malstift gegen die geraubte Kindheit“.

Nennt uns doch irgendwas-phob. Wir sind gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei.

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(TINPL)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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