Das neue deutsche Wohlgefühl

Malca Goldstein-Wolf schreibt über die neue Normalität der Holocaustverharmlosung in Deutschland.

In Corona-Zeiten hat sich die Politik zurecht dagegen gewehrt, dass das Dritte Reich von Impfgegnern instrumentalisiert wurde. Es war richtig, sich dagegen auszusprechen, den Davidstern missbräulich zu verwenden. Jana aus Kassel wurde zurecht kritisiert.

Nun ist es dieser Tage, im „Kampf gegen Rechts“ durchaus salonfähig, die Auslöschung von sechs Millionen Juden dafür zu instrumentalisieren, den politischen Gegner auszuschalten. Dass es an dem „Geheimtreffen“, bei dem auch unstrittig rechtsextreme Personen teilgenommen haben, nicht um Deportationen ging, dass es nicht darum ging Menschen zu vergasen, zu verbrennen, zu ermorden, wird offenbar völlig außer Acht gelassen.

Politiker wie Nancy Faeser, Christian Wulff, Bodo Ramelow vergleichen dieses Treffen ohne mit der Wimper zu zucken mit der Wannsee-Konferenz, der Konferenz, in der in der Nazizeit die systematische Auslöschung der Juden beschlossen wurde.

Es verbietet sich, ein Treffen, wo Politiker darüber diskutiert haben, migrantische Straftäter in ihre Herkunftsländer abzuschieben, es spielt keine Rolle, ob man das gut oder schlecht findet, mit einer Nazi-Konferenz in einem Atemzug zu nennen, in der es um die Ermordung der Juden geht. Es ist ganz schlechter Stil, es zeugt von fehlendem Anstand und es verharmlost die industrielle Tötung der Juden durch die Nazis.

Ich heiße es gut, wenn Menschen für ihre Rechte demonstrieren und nicht nur vom bequemen Sofa aus motzen. Es widert mich allerdings an, wenn wieder Juden herangezogen werden, um den eigenen Belangen größtmögliche Bedeutung zu verleihen. Wenn der politische Gegner auf dem Rücken der Juden ausgeschaltet werden soll.

Dass es bei diesen Demonstrationen nicht wirklich um Juden geht, hat die Zeit nach dem 7. Oktober gezeigt. Nur wenige Menschen haben sich versammelt, um gegen den Judenhass der Hamas zu demonstrieren. So bleibt das schale Gefühl, dass es schick ist gegen Rechts zu demonstrieren, aber für Israel einzustehen eher verpönt.

Als sich unter die Proteste der Bauern Rechtsextremisten mischten, war der Aufschrei groß. Viele wollten das legitime Interesse der Landwirte sogleich mit der Anschuldigung einer rechten Gesinnung delegitimieren. Dass Hamas-Freunde öffentlich in den sozialen Netzwerken mit dem Slogan „Palästina gegen die AfD“ werben und sich zahlreich, mit Palästina-Flaggen bestückt, unter die Anti-Rechts-Proteste mischen, scheint in dem Fall nicht skandalös. Da kommen wieder die allseits bekannten Doppelstandards zum Vorschein.

Es mag dem ein oder anderen Teilnehmer der Demonstrationen ein Wohlfühlgefühl geben, diesem politischen Modetrend zu folgen. Mir hätten Hunderttausende demonstrierende Menschen nach dem Massaker an Juden in Solidarität für Israel auf bundesdeutschen Straßen ein besseres Gefühl vermittelt.

Und die einseitige Wahrnehmung der Gefahren, die unser Land bedrohen, macht mir Angst.

(TINMGW)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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