Hier ist das Ding!

Ein recht bekannter amerikanischer Stand-Up Comedian hat einmal gesagt, ein gelungener Stand-up zeichne sich dadurch aus, dass das Publikum später sage: „Du, ich war da gestern in einer ganz tollen Show. Ich habe verdammt viel gelacht. Ich kann Dir zwar jetzt keinen einzigen Witz wiederholen, aber ich habe total gerne zugehört. Keine Ahnung warum. Ich kann es nicht nachmachen. Du musst einfach dabei sein! Du musst es hören!“

Gestern hatte ich einen solchen Abend im Ersten Kölner Wohnzimmertheater. Es war die Vorpremiere von Maxi Gstettenbauers erstem abendfüllenden Soloprogramm. Als ich das Theater betrat, sah ich auf der Bühne nur die für einen guten Stand-Up nötigen Requisiten: ein Mikro, ein Hocker und eine Flasche Wasser. Mehr braucht Stand-Up nicht. Und mehr brauchte Maxi Gstettenbauer nicht! Er erzählte einfach und tat das, was Stand-Up bedeutet: He stood up! Er stand da! And he stood up for himself! Und er stand für sich gerade!

Maxi Gstettenbauer stood up, wagte spontane, improvisierte Wege und assoziierte ohne Angst vor politischer Korrektheit oder der Furcht vor den Momenten der Stille, die sich unweigerlich einstellen, wenn man es wagt, aufrichtig zu sein.

Maxi Gstettenbauer schreibt nicht! Er spricht!

Schriebe jemand seine Texte auf, um sie auswendig zu lernen und selbst vorzutragen, er würde scheitern. Wichtig ist bei Maxi Gstettenbauer nämlich nicht so sehr, was er sagt, obwohl seine Gedanken nicht selten voller Feinsinnigkeiten sind, sondern wie er es sagt und vor allem, dass er es sagt. Seine Authentizität macht den Witz!

„Hier ist das Ding“ ist die Floskel, mit der er seine Gedankenpausen oft beendet. Er repetiert keinen auswendig gelernten Text, sondern formt vorher gefasste Gedanken in einer der jeweiligen Situation angemessenen Art.

Hier ist das Ding: Pures Stand-Up hat es in Deutschland schwer. Hierzulande reicht es nicht, einfach auf der Bühne und für sich zu stehen. Wer witzig sein will, braucht einen Grund, eine Entschuldigung: Kabarettisten nehmen gerne ihre politische Meinung als Entschuldigung oder sie setzen sich an ein Klavier oder sie erfinden eine Figur. Stand Up braucht aber keine Figuren. Stand Up braucht nur den Mut der Ehrlichkeit.

Maxi Gstettenbauer ist ehrlich. Er ist ein 23-jähriger Mann mit Realschulabschluss und Brille, der gerade seine erste längere Beziehung hinter sich hat und gerne Computerspiele zockt. Ein ganz gewöhnlicher Mensch eben. Nichts besonderes! Und genau da liegt die Kunst des Stand-Ups.

Hier ist das Ding: Stand-Up ist die Kunst des humorvollen Erzählens von Alltäglichkeiten und immer mehr ein Mitlachen denn Auslachen. Maxi Gstettenbauer ist nichts besonderes. Er ist ein schüchterner Junge in einem Körper mit einer viel zu lauten Stimme. Er gibt dem Gewöhnlichen so eine gewaltige Stimme, das sich manchmal sogar der trockene Keks auf dem Tisch wundert, dass er soviel Aufmerksamkeit bekommt und vor allem, dass er so lustig sein kann.

Maxi Gstettenbauer spricht an einem Abend über World of Warcraft, Aids, Keksen, Nachbarn, Hitler, Masturbation, Religion und Facebook als wäre diese Kombination das Natürlichste auf der Welt. Dennoch sorgt er stets dafür, dass der letzte Lacher auf seine eigenen Kosten geht. „Laughing with“ nennt die Musikerin Regina Spektor diese Art des Humors, die etwas sehr göttliches hat.

Hier ist das Ding: Stand-Up Comedy ist eine ganz hohe Kunst – und Maxi Gstettenbauer beherrscht sie meisterhaft!

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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