„Schlag sie!“

Im Januar 2015 veröffentlichte der Journalist Luca Iavarone auf YouTube einen Film, in dem Jungs im Alter zwischen sechs und elf Jahren dazu aufgefordert wurden, ein Mädchen zu schlagen. Der Filmemacher wollte herauszufinden, wie die Jungs reagieren. Der Film wollte ein Statement gegen Gewalt gegen Frauen sein.

So gut der Film gemeint ist, er scheitert an seinem eigenen Sexismus.

Den Jungs im Film wird ein Mädchen vorgestellt. Das Mädchen ist stumm. Sie bleibt das ganze Video über ein pures Objekt. Außer dem Namen wissen wir nichts von ihr. Sie heißt Martina. Martina redet nicht. Die Jungs reden. Wir erfahren, was sie einmal werden wollen. Die Jungs sind Subjekte.

Die Jungs werden gebeten, verschiedene Dinge mit Martina zu tun. Zunächst sollen sie erklären, was sie an ihr schön finden. Dann werden sie gebeten, das Mädchen zu streicheln. Sie tun es. Das Mädchen wird nicht gefragt, ob sie angefasst werden möchte. Auch die Jungs fragen nicht.

Dann sollen die Jungs Grimassen für das Mädchen schneiden. Sie tun ist. Dann werden die Jungs aufgefordert, Martina zu schlagen. Die Jungs weigern sich! Beruhigend! Ihre Begründungen sind jedoch alles andere als beruhigend:

„Weil sie ein Mädchen ist.“ / „Weil ich ein Mann bin.“ / „Weil man Mädchen nicht schlagen soll.“ / „Mädchen sollen nicht geschlagen werden, nicht mal mit Blumen.“

Hätten die Jungs zugeschlagen, wenn Martina Martin gewesen wäre?

Männer, die Frauen nicht schlagen, weil sie Frauen sind, tendieren eher dazu, Frauen zu schlagen, denn die Abneigung dieser Männer, Frauen zu schlagen, entspringt nicht ihrer Ablehnung von Gewalt, sondern ihrem verqueren Bild von Frauen als Objekt, als schönes Etwas, nicht zur Selbstständigkeit fähig, das einen Beschützter braucht, weil es schutzbedürftig ist.

Es gibt nur einen einzigen Grund, eine Frau nicht zu schlagen: Weil die Frau kein Objekt ist! Mit anderen Worten: Weil die Frau zurück schlagen würde! Viktoria Burkert erklärt zu dem Film:

„Das Hauptproblem des Videos ist die Sichtweise – vorausgesetzt wird, dass die Frau immer schon potentielles Opfer ist, der Mann entscheidet sich bloß netterweise dagegen, ihren Opferstatus durch einen körperlichen Angriff zu affirmieren. Hier ist ein Umdenken erforderlich, das im Selbstverständnis der Frau (!) beginnen muss – ich als Frau bin KEIN potentielles Opfer, wenn ich körperlich angegriffen werde, verteidige ich mich UND ich greife unmittelbar selbst an, werde augenblicklich zur Täterin, antworte auf Gewalt mit massiver Gegengewalt. DAS ist der einzig wahre Grund, eine Frau nicht zu schlagen.“

Frauenemanzipation findet nicht dort statt, wo der Mann erzogen wird, sein Bild von der Frau zu ändern, sondern dort, wo Frauen nicht mehr daran gehindert werden, sich effektiv zu wehren, zur Not auch mit Gewalt!

Emanzipation bedeutet nicht, das Bild zu verbessern, das das Subjekt vom Objekt hat. Emanzipation findet dort statt, wo sich das vermeintliche Objekt selbst zum Subjekt macht!

Das Menschenrecht der Frauen hängt nicht vom Wohlwollen der Männer ab. Es entspringt ausschließlich dem vernünftigen Recht der Freiheit und Selbstbestimmung, das jeder Frau inne wohnt!

„Mehr Stolz, Ihr Frauen“, sagte die Philosophin Hedwig Dohm einst und fügte hinzu: „Nur auf den Nacken, der sich beugt, tritt der Fuß, des vermeintlichen Herrn.“

Gerade Mädchen hören allzu oft, die Klügere solle nachgeben. Man redet ihnen ein, anständige Mädchen schlagen sich nicht und Gewalt sei keine Lösung. Das stimmt aber nicht. Auch wenn besonders Mädchen oft was anderes gesagt bekommen: Gewalt ist eine Lösung!

Frauen haben das Recht, sich zu wehren, genauso wie Männer. Frauen sind keine Opfer! Nur darum geht es bei einer Emanzipation.

Hier daher ein kurzer Film, der wirklich feministisch ist:

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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