„Shalom und Willkommen im ehrlichen, völkischen Wahn.“

Ein Kommentar von Elisabeth Lahusen.

Eine junge Frau soll sich ihren Wohnort nicht aussuchen dürfen, weil sie Jüdin ist und daher ein Friedenshindernis sei, weil sie als Jüdin dort wohnt, wo Antisemiten keine Juden haben wollen.

So steht es in dem Artikel „Chaya Tal. Warum eine deutsche Jüdin im Westjordanland lebt“ von Jennifer Bligh.

Was in dem Artikel nicht steht: Was genau unterscheidet Chaya von der Tochter und dem Sohn der ersten Frau des Vaters der Autorin dieses denkwürdigen Ignorantenpamphlets? Jennifer Blighs Vater war nämlich vor der Ehe mit ihrer Mutter mit einer Israelin verheiratet und zeugte mit ihr zwei Kinder.

Jennifer Bligh hatte das Glück, in einem postnationalsozialistischen Deutschland leben zu dürfen, das von alliierten Truppen davor geschützt wurde, wieder faschistisch zu werden. Ihre Halbgeschwister Orit und Yuval hätten im faschistischen Deutschland genau so wenig eine Überlebenschance gehabt, wie in einem von der Hamas oder der Fatah regierten Palästina. Aber Jennifer findet offenbar, dass in Judäa und Samaria keine Juden wohnen sollen, einfach, weil sich Judenhasser das so wünschen.

Soll es tatsächlich nach Meinung der offensichtlich rassisch reinen Jennifer Bligh und nach Ansicht der Redaktion des Bento auf der Welt Orte geben, in denen Juden nicht wohnen dürfen? Und wenn ja, wie erklärt Jennifer das dann ihren Halbgeschwistern?

Sorry, Ihr Lieben, Ihr hattet leider die falsche Mutter, also wird man Euch leider ermorden, wenn ihr Euch hier aufhaltet, wo ich gerne den völkisch gesäuberten Palästinenserstaat hätte?

Jennifers Halbschwester hat sie mit offenen Armen aufgenommen: „Komm, wir fahren zu mir, da hast du ab jetzt immer ein Zuhause.“

Jennifer findet überhaupt nichts dabei, dass ein Palästina gegründet werden soll, in dem nette Menschen wie ihre Halbschwester kein Lebensrecht hätten. Ist Orit weniger wert als Jennifer? Jennifers Halbbruder Yuval hat vermutlich in der Armee gedient. Wäre es Jennifer lieber, wenn die IDF einen der vielen Kriege verloren hätte und ihr Halbbruder gefallen wäre? Ihre Nichten und Neffen, pardon, „Halbnichten“ und „Halbneffen“, damit wir bloß im Rassenschema bleiben, auf das Jennifer offenbar so viel Wert legt, sollen also nicht in Judäa oder Samaria leben und vermutlich findet sie es auch schlimm, dass diese jungen Menschen in der IDF dienen und damit ihr, der nichtjüdischen Journalistin, auch die Freiheit verschaffen, sie für minderwertig erklären zu dürfen.

Pressefreiheit wird ja in Hamastan auch nicht gerade großgeschrieben. Oder ist Jennifer auch das egal? Würde sie ihrer Definition von Frieden auch freudig die Pressefreiheit opfern?

Das Leben ihrer Halbgeschwister und die eigene Existenzgrundlage sind ihr beide weniger wert, als das, was sie unter Frieden versteht. Hat sie sich wirklich klargemacht, was das heißt? Wissen Jennifers Halbgeschwister, wie Jennifer über sie denkt? Man wird ja wohl noch fragen dürfen. Und wenn wir schon mal dabei sind, zu fragen, dann interessiert mich auch Jennifer Blighs Definition von „Frieden“.

Ist „Frieden“ dort, wo Homosexuelle an deutschen Baukränen hängen, wo Regimekritiker gefoltert und ermordet und Frauen rechtlos sind? Ist „Frieden“ ein Synonym für Appeasement mit Mördern? Würde sie auch einem Herrn Goebbels in den verlängerten Rücken gekrochen sein, wenn der ihr für Mord an Juden „Frieden“ versprochen hätte, genau wie sie der Hamas und der Fatah auf den Leim geht, die ein Friedenshindernis in der reinen Existenz jüdischer Nachbarn sehen?

Wie Jennifer Bligh, deren Vater in erster Ehe mit einer Israelin verheiratet war, bei Bento ihren Friedenswunsch zu Papier bringt –ist denkwürdig. Lange nicht mehr so etwas schonungslos Ehrliches gelesen. Manche Autorinnen sind so ehrlich, sie veröffentlichen sogar ihre eigene Diagnose und die der Redaktion gleich mit.

Wie auch immer man zu derart offenem Judenhass steht, Ehrlichkeit wird man Jennifer Bligh jedenfalls nicht absprechen können. Shalom und Willkommen im ehrlichen, völkischen Wahn.

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(TINEL)

 

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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