Eigentlich dürfte es gar keinen Judenhass geben

Ein Beitrag von Malca Goldstein-Wolf.

Wir sind umringt von engagierten Antisemitismus-Bekämpfern. Zumindest könnte der Eindruck entstehen, wenn man naiv genug ist, die vollmundigen Glaubensbekenntnisse für bare Münze zu nehmen.

Als ich den durchaus eloquenten und charismatischen Vorstandsvorsitzenden der Bank für Sozialwirtschaft, Prof. Harald Schmitz, traf, war ich voller Hoffnung, dass seine wohlklingenden Worte in überzeugende Taten umgesetzt würden.

Nun sind Monate vergangen, die Bank betreut die Konten der antisemitischen BDS Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, (es fällt mir schwer, diesen unsäglichen Namen für eine Selbsthilfegruppe chronischer Judenhasser auszusprechen), weiter und zu allem Überfluss verübt der nette Herr Schmitz auch noch einen Anschlag auf unsere Intelligenz, in dem er die durchaus umstrittene Antisemitismus-Forscherin, Dr Wetzel, (ein Ziehkind des noch umstritteneren Wolfgang Benz) beauftragt hat, ein Gutachten zu erstellen, ob diese BDS Gruppe als antisemitisch einstuft werden könne. Ein Blick auf deren Facebook-Seite reicht jedem denkenden Menschen aus.

Der Bürgermeister von Bergisch Gladbach, Lutz Urbach, kann nicht glauben, dass er beschuldigt wird, Judenhass zuzulassen, schließlich hat er Auschwitz und Yad Vashem besucht.

Während er die Zusammenarbeit mit dem israelischen Partnerschaftsverein Ganey Tikva beendet hat, weil die Funktion eines solchen Vereins auf gar keinen Fall politisch sein darf, (ein bisschen Folklore, Gesang, Kultur und Friede, Freude, Eierkuchen muss reichen), darf der palästinensische Partnerschaftsverein in seinen Veranstaltungen Redner einladen, die die Shoah mit dem Gaza Konflikt gleichsetzen und Israel als Apartheidstaat dämonisieren.

Wer sich dagegen für Israel und uns Juden einsetzt, womöglich noch den Finger in die Wunde hält und gar lauthals nach einem Beschluss gegen den BDS aufruft, wird entsorgt. So wird den Vorstandsvorsitzenden des Ganey Tikva Vereins ihr leidenschaftlicher Kampf gegen Antisemitismus zum Verhängnis. Sie dürfen nicht mehr „mitspielen“.

Dummerweise ist der Bürgermeister nicht so konsequent, wenn zwei Mitglieder, (darunter ein Vereinsfunktionär), des palästinensischen Partnerschaftsvereins Beit Jala antisemitische Leserbriefe an den Kölner Stadt-Anzeiger schicken. Zumindest dessen Chefredakteur bedauert den Abdruck dieser Schmiertexte öffentlich. In dem Brief von Wolf Dieter Bonnemann, veröffentlicht am 2. Januar 2019 im der Kölner Stadt-Anzeiger stand:

„Solange sich offizielle Vertreter der hiesigen Juden nicht von der jetzigen Politik Israels distanzieren, so lange werden Anti-Israel-Haltung und Antisemitismus Hand in Hand gehen, auch wenn weitere Antisemitismusbeauftragte ernannt werden.“

Gerd Buurmann kritisierte die Ausführungen auf Tapfer im Nirgendwo mit deutlichen Worten:

„Bonnemann beschwert sich in seinem Leserbrief, er habe „kein kritisches Wort von offizieller jüdischer Seite, sei es vom Zentralrat der Juden oder dem jeweiligen Vorstand der hiesigen Synagogengemeinde, gegen die israelische Nahostpoltik gehört. Das ist die Sicht des Bonnemann: Ein Jude, der Israel nicht kritisiert, muss sich nicht wundern, wenn er beleidigt, ihm seine Kippa vom Kopf gerissen oder seine Synagoge angegriffen wird.

Die Ausführungen von Bonnemann, Juden könnten aufgrund ihres Verhaltens selber Schuld am Judenhass sein, ist zutiefst antisemitisch. Es ist so, als würde man einer vergewaltigen Frau Mitschuld an dem Verbrechen geben, weil sie einen zu kurzen Rock getragen hat. In der selben perversen „Logik“ könnten Rechtsextreme auch Moscheen angreifen und dabei erklären, mit der Tat die Politik Saudi-Arabiens oder des Irans kritisieren zu wollen. Auch Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte könnten als Kritik an der deutschen Flüchtlingspolitik abgebucht werden.

Es ist vollkommen irrelevant wie sich ein Jude benimmt, Antisemitismus ist immer falsch. Wolf Dieter Bonnemann jedoch sieht das anders. Er kann den Hass auf Juden in Deutschland irgendwie verstehen.“

Als ich den Bürgermeister von Bergisch Gladbach bat, sich ebenfalls öffentlich zu diesem Leserbrief zu äußern, wollte er die Vergangenheit ruhen lassen und in die Zukunft schauen. Nicht locker lassend, versprach er mir, zumindest darüber nachzudenken. Ich habe diesbezüglich nichts mehr von ihm gehört.

Und die Sache mit dem BDS, so versucht er mir weiszumachen, sei kein kommunalpolitisches Thema. Was für ein Unfug. Selbstverständlich muss die Stadt Bergisch Gladbach beschließen, dass sie dem antisemitischen BDS keine öffentlichen Räume zur Verfügung stellt. Der Stadtrat mitsamt des Bürgermeisters haben abgestimmt, das Thema BDS nicht anzurühren, distanzieren sich aber gleichzeitig in einer gerade veröffentlichten Presseerklärung von jeglicher Form des Antisemitismus. Talk is cheap. So bleibt es bei leerem Geschwätz.

Uns wird eine Mogelpackung verkauft.

Für wie dumm hält man den Bürger eigentlich? Es sind genau diese Politiker, die die allgemeine Politikverdrossenheit verursachen. Das Vertrauen in die Politik geht den Bach runter und wir Juden sind die Querulanten, die doch nicht nerven sollen, schließlich steht man uns doch verbal zur Seite. Wer sich als Nicht-Jude für uns stark macht, der erlebt mitunter Ausgrenzung, Mobbing und wie in Bergisch Gladbach geschehen, den finalen Rauswurf. Letztendlich wird nicht der Antisemit an den Pranger gestellt, sondern der, der den Judenhass laut benennt.

So bleibt uns nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Menschen aufzuklären, vor allem die Presse. Ihr Wort hat in der Bevölkerung Gewicht und wenn sie mit ihrer sozialen Verantwortung fahrlässig umgehen, dient das ebenfalls dem Schüren von Judenhass.

Kratzen wir an der Teflonschicht der Politiker; demonstrieren wir laut für unser Recht; geben wir nie auf, auch nicht den Glauben daran, dass es auch Ahnungslose gibt, die uns unterstützen, wenn wir ihnen die Augen öffnen.

Shalom!

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(TINMGW)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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