Donald Trump und die „Feine Leute“-Lüge

„Ich spreche nicht von den Neonazis und den weißen Nationalisten, weil sie komplett verurteilt gehören.“

Dieser Satz stammt von Donald Trump. Er sprach die Worte am 15. August 2017. Es war genau der Tag, an dem er gesagt haben soll, unter den Neonazis und den weißen Nationalisten habe es „feine Leute“ gegeben. Diese Behauptung ist eine der geschmacklosesten Lügen, die nach wie vor über Donald Trump verbreitet werden. Was geschah wirklich?

Am 11. August 2017 fanden in der Stadt Charlottesville im US-Bundesstaat Virginia Demonstrationen rund um eine Statue von Robert E. Lee statt. Er war ein General und der militärische Berater von Jefferson Davis. Davis war Mitglied der Partei der Demokraten und Präsident der Konföderation der Südstaaten. Im Amerikanischen Bürgerkrieg kämpften sie gegen die Vereinigten Staaten von Amerika (Nordstaaten) unter der Präsidentschaft des Republikaners Abraham Lincoln. In diesem Krieg ging es unter anderem um die Abschaffung der Sklaverei. Die Republikaner waren für die Abschaffung der Sklaverei, die Demokraten für die Beibehaltung der Sklaverei. Robert E. Lee kämpfte somit auf der Seite von Sklavenhaltern.

Im Juni 2015 wurde in der Kirche von Charleston im US-Bundesstaat South Carolina ein rassistischer Terroranschlag verübt, bei dem neun Menschen während einer Bibelstunde erschossen wurden. Diese Gräueltat sorgte dafür, dass in der Gesellschaft intensiv darüber diskutiert wurde, was mit Denkmäler geschehen solle, die Persönlichkeiten der Konföderation ehren. Einige Kommunen entschieden sich dazu, diese Denkmäler aus dem öffentlichen Raum zu entfernen.

Um zu verstehen, was das bedeutet, möchte ich folgende Analogie aufstellen. Am 9. Oktober 2019 verübte ein Rechtsextremist in Halle einen Anschlag auf eine Synagoge und tötete zwei Menschen. Judenhass ist ein zentraler Bestandteil der rechtsextremen Ideologie. Dieser Hass hat eine lange Geschichte. Beim Nürnberger Prozess erklärte der nationalsozialistische Herausgeber des judenfeindlichen Hetzblattes „Der Stürmer“, Julius Streicher:

„Antisemitische Presseerzeugnisse gab es in Deutschland durch Jahrhunderte. Es wurde bei mir zum Beispiel ein Buch beschlagnahmt von Dr. Martin Luther. Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank. In dem Buch ‚Die Juden und ihre Lügen‘ schreibt Dr. Martin Luther, die Juden seien ein Schlangengezücht, man solle ihre Synagogen niederbrennen, man soll sie vernichten.“

Tatsächlich gehört Martin Luther zu den Autoren der schlimmsten Dinge, die jemals über Juden geschrieben wurden. In seiner Abhandlung „Über die Jüden und ihre Lügen“ erklärte er:

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen.“

In seinem „Handbuch über die Judenfrage“ forderte er:

„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich.“

Von Martin Luther stehen überall in Deutschland Denkmäler herum. Was wäre wohl in Deutschland los, würde nach judenfeindlichen Gewalttaten beschlossen, diese Denkmäler aus dem öffentlichen Raum zu entfernen? Es würde mit Sicherheit zu Demonstrationen kommen und unter den vielen „feinen Leuten“ auf beiden Seiten wären gewiss auch einige Gewalttäter.

Diese Analogie hinkt etwas, da Robert E. Lee nie so rassistische Dinge geschrieben hat, wie Martin Luther judenfeindliche Schriften verfasst hat, aber die Analogie hilft zu verstehen, warum es in den USA zu Demonstrationen kam. Die eine Seite demonstrierte für die Entfernung der Statue von Lee und die andere Seite plädierte dafür, die Statue stehen zu lassen. Über diese beide Seiten erklärte Donald Trump, dass es „feine Leute“ auf beiden Seiten gäbe. Er machte jedoch deutlich, dass er damit ausdrücklich nicht die Neonazis und die weißen Nationalisten meinte:

„Wir verurteilen auf das Schärfste diese ungeheure Darstellung von Hass, Bigotterie und Gewalt.“

Donald Trump ist Republikaner. Dennoch erklärte er, dass es auf der Seite jener, die ein Denkmal rund um eine Persönlichkeit der Geschichte der Partei der Demokraten verteidigen, durchaus „feine Leute“ gäbe. Um seine Position zu verdeutlichen, nutze er weitere Beispiele:

„George Washington war ein Sklavenhalter. Werden nun die Statuen von George Washington entfernt? Was ist mit Thomas Jefferson?“

Donald Trump machte klar, dass jede historische Persönlichkeit Makel hat und es deshalb sowohl auf der Seite jener, die Denkmäler entfernen wollen, weil sie sich auf die Makel konzentrieren, als auch auf der Seite jener, die die Denkmäler erhalten wollen, weil sie sich auf die positiven Errungenschaften konzentrieren, „feine Leute“ gibt.

Leider mischten sich unter die „feinen Leute“ auch gewalttätige Subjekte, die klar zu verurteilen sind, unter anderem rechtsextreme Demonstranten, die sich unter dem Motto „Vereinigt die Rechte“ versammelt hatten. Darunter waren Mitglieder des Ku-Klux-Klans, Neonazis, White Nationalists und White-Supremacy-Anhänger.

Nach dem offiziellen Ende der Demonstration fuhr ein Neonazi vorsätzlich mit seinem Auto in eine Gruppe von Demonstranten und tötete dabei eine 32-jährige Frau und verletzte neunzehn weitere Menschen. Diese Extremisten verurteilte Donald Trump unmissverständlich:

You had some very bad people in that group, but you also had people that were very fine people, on both sides (…) and you had people — and I’m not talking about the neo-Nazis and the white nationalists — because they should be condemned totally. But you had many people in that group other than neo-Nazis and white nationalists.“

Donald Trump hat somit nicht gesagt, es gäbe „feine Leute“ unter Neonazis und weißen Nationalisten. Er hat sogar das genaue Gegenteil gesagt.

Donald Trump hat nicht behauptet, die Demonstrationen in Charlottesville seien „überwiegend friedlich“ gewesen. Er hat die Gewalttäter deutlich verurteilt, aber deshalb nicht jene Demonstranten in Verantwortung genommen, die ihrem Protest für oder wider einer Statue friedlich Ausdruck verliehen hatten.

Warum also wird behauptet, er habe erklärt, es könne feine Neonazis geben?

Hass!

Es gibt Menschen, die hassen Donald Trump so sehr, dass sie bereit sind, jede Lüge über ihn zu glauben und zu verbreiten. Sie schrecken dabei vor keiner Geschmacklosigkeit zurück.

Wer behauptet, Donald Trump würde davon überzeugt sein, es gäbe „feine Leute“ unter Neonazis, behauptet damit, er wäre ein solch durch und durch böser Mensch, dass er sogar erklärt, unter Menschen, die seine Enkelkinder töten wollen, seien feine Leute.

Alle Enkelkinder von Donald Trump sind Juden. Glaubt etwa wirklich jemand, Donald Trump sei der Meinung, unter Menschen, die seine eigenen Enkelkinder bis aufs Blut hassen, seien „feine Leute“? Wie sehr vom Hass verkommen muss man sein, um sowas zu erlügen oder ungeprüft zu verbreiten?

Die „Feine Lüge“-Lüge gehört zu den widerwärtigsten Lügen, die über Donald Trump verbreitet werden. Wer sie teilt und verbreitet ist ein Demagoge.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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