Dirks Corona Logbuch #2

Dirk Gebhardt ist einer der hinreißendsten und komischsten Menschen, die ich kenne. Am 27. März 2021 fiel bei ihm ein Corona-Schnelltest positiv aus. Für Tapfer im Nirgendwo schreibt er nun sein Corona-Logbuch. Klicken Sie hier für Teil 1.

(Foto: Tom Wolff)

Logbuch einer Erkrankung – Sternzeit 270321.9

Ich komme also erschöpft und verunsichert zu Hause an. Was ist jetzt eigentlich zu tun? Das Testergebnis sagt: „Melden Sie sich sofort beim Gesundheitsamt“.

Zu Befehl also. An den Rechner gesetzt und die Nummer des örtlichen Gesundheitsamtes gegoogelt. Leider ist da am Wochenende niemand. So eine Pandemie kann sich ja bitte auch an die Bürozeiten des Gesundheitsamtes halten. Wo kämen wir denn da hin?

Okay, denke ich, es ist ja wichtig, dass die Kontaktpersonen benannt werden. Wenn ich die Chose mit dem exponentiellen Wachstum richtig verstanden habe, ist Zeit ein total wichtiger Faktor. Je schneller sich die Kontakte auch isolieren, desto weniger problematisch ist meine Erkrankung für den Pandemieverlauf.

Also will ich digital meine Kontaktpersonen melden. Auf der Seite des Gesundheitsamtes werde ich aber sofort aufgefordert, an Eides statt zu erklären, dass ich auch einen PCR-Test habe machen lassen. Egal, ob ich Symptome und einen positiven Test habe, man will meine Kontaktpersonen erst nach dem PCR-Test.

Okay, denke ich. Wo kriege ich jetzt am Samstag einen PCR-Test her? Google hilft nicht, verweist mich aber auf die Nummer 116117 – den ärztlichen Notdienst. Die werden mir sicher helfen können. Also rufe ich dort an:

Bandansage: „Guten Tag bei 116117. Wenn Sie Informationen zu Coronaimpfungen benötigen, drücken Sie die 1, wenn Sie einen Facharzt oder Psychotherapeuten benötigen, drücken Sie die 2, wenn Sie …“

Die Bandansage zählt mir fünf Themen auf, aus denen ich eins wähle, das mir am geeignetsten scheint.

Bandansage: „Sie haben 3 gewählt. Beachten Sie, dass wir Ihre Daten gemäß DSGVO verarbeiten. Weitere Informationen unter …“

Ich denke, na, das ist ja sicher wichtig mit dem Datenschutz an dieser Stelle, schön, dass ich ausführlich erklärt bekomme, wo ich das finde. Die Bandansage fährt danach fort, wir sind in Minute drei des Anrufs, mit: „Wenn Sie eine lebensbedrohliche Situation haben, rufen Sie die 112 an.“

Das trifft ja mein Komikzentrum. Man muss sich durch ein komplettes Menü quälen und dann die Datenschutzbelehrung hören und dann kommt der Hinweis: „bei lebensbedrohlichen Themen, Notruf wählen“. Da meine Situation ja nur indirekt lebensbedrohlich ist, bleibe ich dran.

Bandansage: „Bitte beachten Sie, dass wir, anders als in den Medien berichtet wird, keine Testtermine vermitteln können.“

Dann bin ich mal gespannt, wie gut man mir gleich helfen kann.

Bandansage: „Impftermine können Sie unter der folgenden Telefonnummer vereinbaren 0800 …“

Nach nur weiteren zwanzig Minuten Warteschleife, in denen mich die Bandansage ununterbrochen beruhigt und sagt, dass der nächste Mitarbeiter nun aber wirklich für mich reserviert sei und ich bitte nicht auflegen soll, denn sonst lande ich wieder hinten in der Warteschlange, begrüßt mich eine freundliche Frauenstimme. Weil ich mir den Namen nicht gemerkt habe, nenne ich Sie einfach mal Frau Müller. Das folgende Gespräch will ich nun für den geneigten Leser wiedergeben:

Frau Müller: „Guten Tag, mein Name ist Frau Müller, was kann ich für Sie tun?“

Ich: „Ja, Gebhardt mein Name. Ich weiß nicht, ob ich jetzt bei Ihnen richtig bin, aber ich habe gerade einen positiven Schnelltest gemacht in einem Testzentrum und habe Symptome. Leider ist das Gesundheitsamt ja zu und ich weiß nicht genau, was ich jetzt machen soll, weil ich ja keinen PCR-Test gemacht habe und nicht weiß, wo ich jetzt in Sankt Augustin einen machen kann.“

Frau Müller: „Ja, also mit Tests kenne ich mich jetzt auch nicht sooo gut aus. Aber es ist so, dass Sie für den PCR Test eine Überweisung benötigen. Wenn den jetzt überhaupt ein Notdienst machen würde. Dann müssen Sie selbst zahlen sonst.“

Ich: „Ja aber ich bin doch krankenversichert, reicht das nicht?“

Frau Müller: „Ja aber Sie benötigen trotzdem eine Überweisung!“

Ich: „Naja, ich will ja nichts falsch machen und ja möglichst schnell auch die Leute schützen, mit denen ich Kontakt habe, aber das Gesundheitsamt fordert ja die Bestätigung per PCR“

Frau Müller: „Ja, das stimmt. Naja, es ist halt Wochenende. Am Besten ist, Sie wenden sich am Montag an Ihren Hausarzt. Der macht dann den Abstrich oder überweist Sie weiter.“

Ich „Ja, aber geht da nicht viel Zeit verloren? Ich mein, exponentielles Wachstum und so? Bin ja kein Fachmann. Und nicht, dass es nachher heißt: Hätten Sie früher mal.“

Frau Müller: „Herr Gebhardt, ich höre ja, dass Sie husten. Ich kann Ihnen natürlich jetzt keine Quarantäne verordnen, aber vielleicht sollten Sie sich bis Montag isolieren, so gut es geht. Und dann mit dem Hausarzt sprechen.“

Ich: „Ja, das mache ich. Und dann?“

Frau Müller: „Wenn Sie dann die Bestätigung haben, können Sie sich ja ans Gesundheitsamt wenden. Die machen dann alles weitere mit Ihnen. Mehr kann ich Ihnen jetzt auch nicht sagen.“

Ich: „Geht da jetzt nicht viel Zeit verloren?“

Frau Müller: „Es ist halt Wochenende.“

Ich: „Muss ich sonst noch etwas wissen?“

Frau Müller: „Achten Sie auf die Symptome und wenn es lebensbedrohlich wird …“

Ich: „Ja, ich weiß, dann ruf ich die 112! Vielen Dank Frau Müller. Auf Wiederhören!“

Frau Müller: „Auf Wiederhören, und gute Besserung.“

Tja, für alle, die sich fragen, warum wir so semi-gut durch die Krise kommen, hier vielleicht eine Vermutung: Vielleicht ist es nicht die allerklügste Entscheidung, in der größten Krise seit dem zweiten Weltkrieg nicht einmal eine vernünftige Hotline im Gesundheitsamt parat zu haben.

Jetzt gehen mindestens vier Tage ins Land, bis das Gesundheitsamt etwas macht. Klar, im Vergleich zu Berliner Flughafenprojekten ist das schon noch relativ flott, aber da wächst ja auch nichts exponentiell.

Ich habe jetzt versucht, alle mit denen ich in den letzten Tagen persönlichen Kontakt hatte zu informieren, damit sie sich schon mal darauf vorbereiten können und gegebenenfalls erste Maßnahmen treffen können.

Fortsetzung folgt! Für Teil 3 klicken Sie hier.

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(TINDG)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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