Alternative für Köln

In der Silvesternacht zum 1. Januar 2017 wollte die AfD vor dem Kölner Dom demonstrieren. Die Polizei der Stadt Köln verbat jedoch die Kundgebung und das Verwaltungsgericht folgte den Argumenten der Ordnungshüter. Die Demonstration wurden untersagt! Polizeipräsident Jürgen Mathies berief sich auf „belegbare und jetzt schon erkennbare Gefahren für Versammlungsteilnehmer und Unbeteiligte“ und betonte, es sei der Polizei Köln unmöglich, „auch die AfD-Versammlung mit verfügbarem Personal und den für friedliche Silvesterfeiern vertretbaren Mitteln zu schützen“.

So demonstrierten die AfD nicht! Stellen wir uns nur mal vor, die AfD hätte gefordert, Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe zu selektieren. Stellen wir uns vor, sie hätte zwei Türen am Hauptbahnhof gefordert, um Gäste nach der Hautfarbe zu sortieren. Mit Sicherheit hätte es einen Aufschrei gegeben!

Am 31. Dezember 2016 war es der AfD verboten, auf dem Domplatte zu demonstrieren, aber ihr Geist der (berechtigten) Angst war da. An dem Hauptbahnhof zur Domseite gab es zwei Türen. Die Polizei nutzen diese Türen, um die ankommenden Gäste zu selektieren. Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet:

„Die Polizei hat eine Gasse am Eingang gebildet, sortiert ganze Gruppen arabisch aussehender junger Männer und Jugendlichen aus. Anwesende Polizisten sprechen von „selektieren“. Durch die Polizeimaßnahme entsteht ein Stau am Eingang zur Bahnhofshalle (…) Am kleinen Ausgang des Hauptbahnhof zur Domseite ist eine der Türen für Nordafrikaner reserviert (…) Vereinzelte Personen werden direkt in Züge aus der Stadt heraus gesetzt.“

Es wurden knapp 1700 Identitäten festgestellt, 29 Gewahrsamnahmen und 6 Festnahmen durchgeführt, sowie 900 Platzverweise ausgesprochen. Polizeipräsident Mathies erklärte in einer Pressekonferenz kurz vor Mitternacht:

„Am Hauptbahnhof steht eine Gruppe von rund Tausend Personen, die dem nordafrikanischen Hintergrund zuzuordnen sind. Unsere Kollegen nehmen ihre Personalien auf. Am Bahnhof Deutz/Messe wurde ein Zug gestoppt. Da werden gerade etwa 300 Personen kontrolliert.“

Nach terroristischen Anschlägen in Europa wie dem frauenfeindlichen Anschlag am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht 2015/16 oder dem Anschlag in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo und einem koscheren Supermarkt in Paris Anfang 2015 schrieben selbst seriöse Medien, die Straftaten seien von „Südländern“ oder von „Menschen mit nordafrikanischem“ oder „arabischem Aussehen“ begangen worden! Immer öfter wurden die Täter von einem großen Teil der deutschen Presselandschaft auf ihr Äußeres reduziert. Das ist rassistisch!

Es ist nicht die Haut-, Augen- und Haarfarbe, die sich in das Hirn eines Täters gefressen hat. Es ist die Ideologie! Teil einer jeden Ideologie ist das Glaubensfundament. Was die Täter der oben erwähnten Terroranschläge vereint, ist nicht ihr Äußeres. Es vereint sie ihr Inneres, das, woran sie glauben. Dass dieser Glaube auch weiße Menschen vergiften kann, hat die sogenannte Sauerland-Gruppe bewiesen.

Die meisten Araber sind anständige Menschen, so selbstverständlich wie es anständige Muslime gibt. Die Frage ist jedoch, wenn man nach dem Grund sucht, warum jemand zur Gewalt greift, ist der Grund dann eher in der Hautfarbe zu finden oder in den Überzeugungen? Rassismus ist die Beurteilung eines Menschen aufgrund seiner völkischen Herkunft. Die Beurteilung eines Menschen aufgrund seiner Überzeugungen und Bekenntnisse nennt sich jedoch Kritik. Wer einen Muslim beurteilt, weil er Araber ist, betreibt Rassismus. Wer jedoch einen Araber beurteilt, weil er einer Ideologie verfallen ist, betreibt Aufklärung.

Im Umgang mit der Terrorschlägen müssen wir uns also entscheiden, wollen wir rassistisch oder aufklärerisch sein. Der Rassist sagt, die Täter waren „Südländer“ oder „Araber“. Der Aufklärer aber konzentriert sich auf ihre Überzeugungen. Es ist erschreckend, wie viele Menschen sich bei der Wahl zwischen Rassismus und Aufklärung für Rassismus entscheiden. Was wir brauchen sind mehr Menschen, die den Mut haben, Menschen aufgrund ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen zu kritisieren. Was wir nicht brauchen, sind Rassisten, die glauben, Taten würden begangen, weil die Täter eine gewisse Hautfarbe haben.

Am 31. Dezember 2015 wurde vor dem Kölner Hauptbahnhof ein Terroranschlag gegen Frauen verübt! Am 31. Dezember 2016 wurde ein solcher Anschlag verhindert. Das ist erst mal gut! Darum liegt es mir fern, die Polizei vor Ort in irgendeiner Form anzugreifen. Die Polizei hat getan, was ihr möglich war, um einen Terror gegen Frauen, wie wir ihn am 31. Dezember 2015 erleben mussten, ein Jahr später zu verhindern. Manchmal ist etwas falsches zu tun das einzig Richtige, was man noch tun kann, weil sonst nichts anderes mehr möglich ist. Wenn die Feuerwehr im fünften Stock ein Feuer löscht, kommt es in den Stockwerken darunter zum Wasserschaden. Aber wir können mit den Kollateralschäden vom 31. Dezember 2016 nicht zufrieden sein!

Ich gebe der Polizei nicht die Schuld für den 31. Dezember 2016. Schuld sind die Terroristen, die Sexisten, die Islamisten, die Zwietracht säen wollen. Am 31. Dezember 2015 hatte die Polizei Schuld, als sie die Opfer des sexistischen Terroranschlags alleine ließ! Am 31. Dezember 2016 trug die Polizei jedoch Verantwortung und das ist gut! Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Polizei gut genug aufgestellt ist, um Verantwortung zu tragen. Darum gilt:

Danke, liebe Polizei!

Danke, dass Ihr einen Anschlag wie vom 31. Dezember 2015 verhindert habt. Danke, dass Ihr die Frauen nicht im Stich gelassen habt. Dennoch, der 31. Dezember 2016 darf sich nicht wiederholen! Wir können und dürfen nicht zufrieden sein mit der Art und Weise, wie es in der Silvesternacht 2016/17 abgelaufen ist. Wir müssen es einfach besser können! Wir sind aufgeklärt, modern, humanistisch und feministisch. Die Bibliothek von Alexandria passt heute auf einen Mikrochip, wir fliegen und kommunizieren in einem weltweit gespannten Netz. Wir müssen es einfach besser können als zwei Türen, eine für Weiße und eine für die Anderen.

Ich stelle mir mal vor, ich sei Polizist. Die Polizei ist getrieben zwischen dem Anspruch, uns zu beschützen und der Erwartung, uns nicht auf die Nerven zu gehen. Es ist nicht leicht, bei der Polizei zu sein. Die Polizei erfährt in Deutschland einfach viel zu wenig Dankbarkeit. Wenn ich eine Polizistin oder einer Polizisten sehe, dann sage ich immer „Danke“. Die Polizei hat es verdient. Ich rufe alle meine Leserinnen und Leser auf, dies auch zu tun, denn diese Männer und Frauen machen einen harten Job und sind für uns da!

Ich stelle mir aber auch mal vor, ich steckte in die Haut eines Mannes, der als vermeintlicher Nafri selektiert im Polizeikessel vor dem Kölner Hauptbahnhof stand und nur feiern wollte. Ich nehme mal an, er ist Deutscher. Lediglich seine Hautfarbe und die Herkunft seiner Eltern machte ihn verdächtigt. Was denkt so ein Mann wohl in diesem Moment? Was denkt ein Mensch, der weiß, was es bedeutet, einen Job nicht zu bekommen, weil er so aussieht, wie er aussieht? Was denkt ein Mensch, der aufgrund seines Aussehens größere Schwierigkeiten hat, eine Wohnung zu finden, der von Behörden anders behandelt wird, oft nicht mal beabsichtigt, sondern unterbewusst, der stets und immer wieder auf seine Hautfarbe reduziert wird? Er braucht nur in einen Club zu gehen und schon weiß er, dass er anders ist als seine Freunde, die problemlos am Türsteher vorbei kommen.

Als weißer Mann kenne ich so eine Behandlung nicht. Ich werde nicht täglich auf meine Hautfarbe reduziert, einzig und allein dafür, um mich schlechter zu behandeln. Ich kann mir aber vorstellen, wie es ist, immer wieder ausgegrenzt zu werden, um dann zu erleben, dass ich aufgrund meines Aussehens sogar von der Polizei eingekesselt werde. Es gibt einen wissenschaftlichen Ausdruck für dieses Gefühl: Scheiße!

Natürlich weiß ich, dass dafür die Terroristen verantwortlich sind und nicht die Polizei. Ich weiß, dass die Polizei im Zweifel auf meiner Seite ist, aber ich stehe nun mal im Kessel und darf nicht feiern und das einzig und allein nur wegen meiner Hautfarbe. Das ist, ich wiederhole den wissenschaftlichen Ausdruck: Scheiße!

Im Grunde sind sich die Polizisten, die nun kritisiert werden und die unschuldigen Männer, die eingekesselt vor dem Kölner Dom standen sehr ähnlich. Sie müssen einstecken, was andere verbockt haben. Davon können jedoch auch die Frauen vom 31. Dezember 2015 ein Klagelied singen. Was die Polizei und die zu Nafris reduzierten Männer am 31. Dezember 2016 erleben mussten, verblasst im Vergleich zu den Erfahrungen, die Frauen am 31. Dezember 2015 vor dem Kölner Dom machen mussten.

Ich stelle mir mal vor, ich sei eine Frau. Wie fühlt es sich an, einen Auftrag nicht zu bekommen, weil ich eine Frau bin und ständig auf mein Äußeres reduziert zu werden? Wie ist es, im nächtlichen Park Angst zu haben, vergewaltigt zu werden und an allen Orten Übergriffigkeiten erleben müssen, nur weil ich eine Frau bin? In der Silvesternacht 2015/16 fanden sich Frauen eingekesselt in einer Horde von ideologisch aufgegeilten Barbaren, die wüten konnten, weil die Polizei sie im Stich ließ. Für einen kurzen Augenblick waren der Staat und das Land nicht mehr in der Lage, ihre Bürgerinnen zu schützen. Es war eine Kapitulation, die niemals hätte passieren dürfen. Die Silvesternacht 2015/16 ist somit nicht vergleichbar mit der Silvesternacht 2016/17. Das Eine war eine Kapitulation, das Andere nur etwas, das hätte besser organisiert werden müssen.

Wie lautet eigentlich die weibliche Form von Nafri? Von Frauen ging schließlich in der Silvesternacht keine Gefahr aus!

Zu Beginn des Jahres 2017 sollten wird die Gemeinsamkeiten erkennen. Die zu Unrecht Eingekesselten, die Polizei vor Ort und sämtliche angegriffenen und diskriminierten Frauen sitzen in einem Boot. Die Terroristen wollen, dass sie aufeinander los gehen, aber genau diesen Sieg dürfen wir ihnen nicht schenken. Unsere Gesellschaft ist wehrhaft, unsere Polizei ist verantwortungsvoll und Deutsch sein hängt nicht von der Hautfarbe oder dem Geschlecht ab.

Das heißt, dass es nicht angehen kann, dass ein Mensch vor dem Kölner Dom seine Bürgerrechte nicht ausleben kann, nur weil die Polizei nicht in der Lage ist, seine Rechte zu schützen. So schwer es manch einer Person fällt, es zu akzeptieren, aber das bedeutet auch, dass das Verbot für die AfD, am Silvesterabend vor dem Kölner Dom zu demonstrieren, ebenfalls inakzeptabel ist. Die AfD ist keine verbotene Partei. Es mag einem die innere Galle aufregen, manch ein Mitglied der AfD reden zu hören, aber die Grundrechte gelten für AfD-Mitglieder wie für jeden anderen Menschen. Die Justiz entscheidet, ob die AfD etwas verbotenes tut, nicht der Mob auf der Straße und die Polizei muss ihre Rechte schützen! Alles andere ist Selbstjustiz.

Außerdem, nachdem es in Köln zwei Türen zur Selektion von Menschen gegeben hat und eine klare Ansage der Polizei, das Versammlungsrecht von Menschen nicht schützen zu können, gibt es andere Nasen, an die es zu fassen gilt. Wer sich über die AfD echauffiert, darf jetzt nicht schweigen. Wir sind aufgeklärt, wir können einander ertragen, wir müssen einander ertragen und vor allem: Wir können es besser! Alles andere wäre ein Sieg der Terroristen!

Nur gute Polizei kann man kritisieren! Am 31. Dezember 2016 übernahm die Polizei Verantwortung. Wie jeder Mensch, der seinen Beruf liebt und Verantwortung übernimmt, hat die Polizei gelernt, was sie beim nächsten Mal besser machen kann. Darum ist Kritik gut!

Am 31. Dezember 2015 konnte man die Polizei nicht kritisieren. Man konnte nur an der Polizei verzweifeln. Sie kapitulierte. Sie ließ uns im Stich. Sie machte sich schuldig.

Es ist ein großer Unterschied, ob jemand Schuld trägt oder Verantwortung. Bei Schuld hilft nur eine Verurteilung. Darum ging der damalige Polizeichef auch! Verantwortung jedoch ermöglicht Kritik. Am 31. Dezember 2016 machte die Polizei Kritik möglich. Allein dafür, aber noch für vieles mehr, sage ich:

Danke, liebe Polizei!

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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