An der ganzen Debatte um Kollegah und Farid Bang gibt es eine große Verlogenheit. Es ist die Doppelmoral, mit der diese Rapper abgekanzelt werden. Dabei haben antisemitische Lines in Deutschland Tradition. Nicht wenige Schöpfer antisemitischer Lines werden in Deutschland sogar mit Straßennamen geehrt. Wilhelm Busch zum Beispiel schrieb einst:
„Und der Jud mit krummer Ferse,
Krummer Nas und krummer Hos
Schlängelt sich zur hohen Börse,
Tiefverderbt und seelenlos. –“
Ist das Antisemitismus? Die Lines werden von Busch einem lyrischen Ich in den Mund gelegt, nämlich einem „frommen Sänger“, der sich im ironischen Ton über die allgemeine Sittenverderbnis beklagt. Die Lines können somit auch als Kritik an einer antisemitischen Haltung verstanden werden. In einem anderen Gedicht jedoch schreibt Busch im eigenen Namen:
„Kurz die Hose, lang der Rock,
Krumm die Nase und der Stock,
Augen schwarz und Seele grau
Hut nach hinten, Miene schlau –
so ist Schmulchen Schievelbeiner.
(Schöner ist doch unsereiner!)“
Wer glaubt, Farid Bang oder Kollegah könnten die Jugend verderben, sollte schleunigst auch Wilhelm Busch von der verführbaren Jugend fern halten. Martin Luther schrieb einst:
„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen.“
„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich …“
Martin Luther bekam zwar nie einen Echo Preis verliehen, aber er wurde im Jahr 2017 mit großem Echo gefeiert.
So begeistert wurde in Deutschland nur vor dem Jahr 1945 ein Judenhasser in einem Stadion gefeiert. Ein Jahr nachdem Luther so pompös gefeiert wurde, regt sich in Deutschland massiver Widerstand gegen Farid Band und Kollegah. Das ist verlogen.
Immer wieder wird gefragt, was alles zu Deutschland gehört. Antisemitismus gehört zu Deutschland! Er sollte es nicht, aber es ist so. Der Judenhass hat in Deutschland eine lange Tradition.
Mit Farid Bang und Kollegah ist der Judenhass nicht nach Deutschland gekommen. Abfällige Kommentare über Juden finden sich bei Richard Wagner, Immanuel Kant und sogar beim großen Goethe. Letzterer schrieb zum Beispiel:
„Ist der Vater auf Geld ersessen
Und nutzt sogar die Lampenschnuppen
Kriegen sie den Sohn in die Kluppen
Juden und Huren, die werden’s fressen.“
Juden und Huren. Diese zwei Themen finden sich auch häufig in der Texten von Farid Bang. Da steht er fest in der Tradition von Johann Wolfgang von Goethe. Eine Schule, die kein Problem damit hat, die Verse von Goethe zu unterrichten, sollte sich wenigstens auch mal die Zeit nehmen, jene Verse zu studieren, die heute von der Jugend zitiert aus auswendig gelernt werden.
Wer weiß, vielleicht schaffen es einige dieser zeitgenössischen Dichter in den deutschen Kanon und dann wird es in 250 Jahren heißen: „Jetzt ist aber auch mal gut mit den Vorwürfen. Sie waren doch auch nur Kinder ihrer Zeit und im 21. Jahrhundert war Antisemitismus eben überall. Das kann man denen doch heute nicht mehr vorwerfen.“