„Es reicht nicht aus, eine beeindruckende Rede zu halten“

Ein offener Brief an Sabine Müller von Simone Hofmann.

Sehr geehrte Frau Müller,

haben Sie die Gedenkfeier überhaupt gesehen? Und auch alles verstanden? Es scheint mir, als sei das nicht Fall.

Ja, der deutsche Bundespräsident hat eine beeindruckende Rede gehalten. Aber beeindruckende Reden reichen halt nicht aus, wenn den Worten keine Taten folgen und die tatsächlichen Handlungen den gesagten Worten nicht entsprechen. Die Versprechen, die Deutschland immer sehr gerne in Bezug auf Israel gibt, werden von den Amerikanern erfüllt. Was, wenn Deutschland irgendwann wirklich zu diesen Versprechen stehen muss?

Als Israeli würden Sie auch nicht auf das vertrauen, was gesagt wird, sondern auf das, was getan wird.

Israel kann sich eben nicht auf jeden verlassen, der lautstark und mit leeren Worten Dinge verspricht, von denen man, durch dessen Handlungen, ausgehen kann, dass das Gesagte niemals in die Tat umgesetzt wird.

Was haben Sie denn erwartet? Haben Sie erwartet, dass Israel erfreut ruft: „Ja, Iran zerstöre den jüdischen Staat“?

Haben Sie erwartet, dass Israel den Palästinensern zuruft: „Wir freuen uns, werft mehr Raketen auf uns ab?“

Haben Sie im Ernst gedacht, dass sich Juden mit gesenktem Haupt der Welt präsentieren? Hier hat sich ein stolzes Israel präsentiert, das dem Holocaust gedenkt, aber gleichzeitig sagt: „Mit uns nie wieder! Und ja, wir können uns wehren! Und wir werden das auch tun!“

Genau damit haben Sie ganz offensichtlich ein Problem. Juden, die stolz und selbstbewusst auftreten und sich wehren können, sind für Sie wohl ein ungewohnter Anblick. Schade, dass Sie offensichtlich den Sinn des Gedenkens an den Holocaust überhaupt nicht begriffen haben.

Es reicht eben nicht aus, sich mit betretenem Gesicht zu präsentieren, eine beeindruckende Rede zu halten und dann wieder zur Tagesordnung überzugehen. Der Antisemitismus ist allgegenwärtig und auch ich ertappe mich dabei, dass ich die Kette mit dem Davidstern, die ich stets trage, in manchen Situationen verdecke, weil ich Angst habe, als Jüdin erkannt zu werden. Ist das für Sie normal? Für mich nicht.

Ich bin unendlich dankbar, dass wir Juden, egal wo wir auf der Welt leben, heute Israel haben und dieses Land für uns alle unsere Lebensversicherung ist. Was Sie hier in Ihrem Kommentar behaupten, zeigt mir einfach, dass Sie überhaupt nicht begriffen haben, worum es geht, was auch ihre Wortwahl klar zum Ausdruck bringt.

Schade, denn wenn man alles richtig verstanden hat und den Sinn der Gedenkfeier begriffen hat, dann kann man nur sagen, dass Israel eine wunderbar würdige Gedenkfeier organisiert hat. Schade, dass Sie so gar nichts verstanden haben.

Mit freundlichem Gruß,
Simone Hofmann
Frankfurt

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(TINSH)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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