Freiheit für Beate Zschäpe

Können Sie sich vorstellen, die deutsche Regierung lässt sich auf Gespräche mit Neonazis ein, allerdings nur unter der Bedingung der Neonazis, vor Beginn der Verhandlungen Beate Zschäpe frei zu lassen?

Können Sie sich vorstellen, Deutschland tritt in den Dialog mit der Sauerlandgruppe, allerdings unter der Bedingung der Freilassung aller Terroristen, die an den Anschlagsversuch beteiligt waren?

Undenkbar, sagen Sie?

Nun, genau diese Haltung wird von Israel erwartet. In der Abendzeitung las ich:

„Die Regierung in Jerusalem hatte zuvor die letzte Hürde für die Vorgespräche aus dem Weg geräumt und die schrittweise Freilassung von 104 palästinensischen Langzeithäftlingen angekündigt. US-Außenminister John Kerry hatte als Vermittler mit Diplomatie und Druck beide Seiten dazu bewegt, Forderungen aufzugeben und Zugeständnisse zu machen, um die ersten direkten Gespräche seit September 2010 zu ermöglichen.“

Während Israel 104 Terroristen frei ließ, damit die palästinensische Autonomiebehörde überhaupt erst in eine Verhandlung trat, erklärte Mahmud Abbas:

„In einer endgültigen Lösung können wir nicht mal die Existenz eines einzelnen Israelis in unserem Land sehen, seien es nun Zivilisten oder Soldaten.“

Mit anderen Worten: Bevor Abbas überhaupt erst in Friedensverhandlungen mit Israel tritt, eine Verhandlung, an dessen Ende vielleicht nur deshalb ein Friede steht, weil alle Juden aus Palästina vertrieben wurden, muss Israel zunächst einmal 104 Gefangene freigegeben, darunter einige verurteilte Terroristen.

Abbas Vorschlag lautet somit: Wir vertreiben alle Juden, damit wir sie nicht ermorden müssen! Bevor wir aber über dieses großzügige Angebot sprechen, fordern wir Israel auf, zunächst Araber frei zu lassen, die Judenmorde im Auftrag und unter Jubel der palästinensischen Autonomiebehörde begangen oder unterstützt haben.

In Israel leben derweil über eine Million Araber. Sie sind legale Bürgerinnen und Bürger des Landes Israel. Sie genießen die gleichen Rechte und teilen die Pflichten. Sie sitzen im Parlament, sind in den höchsten Gerichten vertreten und Teil der offenen, israelischen Gesellschaft. Niemand spricht von “illegalen palästinensischen Siedlern” und niemand kommt auf die Idee, folgendes zu verkünden:

„In einer endgültigen Lösung können wir nicht mal die Existenz eines einzelnen Arabers in unserem Land sehen, seien es nun Zivilisten oder Soldaten.“

Warum wird von Israel etwas erwartet, dass keine andere Nation tun würde? Kein Land würde jemals darüber nachdenken, sich erpressen zu lassen. Die USA würde niemals Terroristen frei lassen, die am 11. September beteiligt waren. Warum also muss Israel diese „Hürde“ überwinden?

Man mag mich für naiv halten, aber ich finde, dass der Wunsch nach einem „judenreinen“ Staat die eigentliche Hürde darstellt, die eine Friedensverhandlung unmöglich macht. Aber vermutlich bin ich nur zu empfindlich.

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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