In einem kleinen Ort in Sachsen, der sich Clausnitz nennt, stellten sich am 19. Februar 2016 über hundert hasserfüllte Menschen einem Bus mit Flüchtlingen in den Weg und grölten „Weg mit Euch!“ In dem Bus befanden sich Kinder. Sie weinten, weil ihnen der Zorn des Mobs so brutal entgegenschlug.
Im Februar 2016 bedrohten erwachsene Menschen und riefen dabei „Wir sind das Volk!“ Die Typen, die dort die letzten Reste menschlichen Anstands fahren ließen und sich an Kinder vergingen, nennen sich selbst “patriotische Deutsche”. Wenn ich diese Deutschen sehe, freue ich mich, dass es in Deutschland den Artikel 5 gibt und rufe: „Leck mich am Arsch Deutschland!“ Gegen diese Deutsche gehe ich auf die Straße, demonstriere, schreibe Artikel, wehre mich und bin sogar niemandem böse, wenn er aus Protest die deutsche Fahne nimmt und sie verbrennt. Wenn sich Deutsche deshalb beleidigt fühlt, frage ich nur: Habt Ihr gar keinen Stolz?
Während der Mob in Clausnitz Kinder verängstigte, stand die Polizei hilflos daneben und konnte nicht anders, als die Kinder mit Gewalt aus dem
Bus zu zerren, um sie in Sicherheit zu bringen. Das führte jedoch dazu, dass die Kinder gezwungen wurden, durch die Masse des Hasses zu gehen.
Immer öfter offenbart sich in Deutschland die Hilflosigkeit der Polizei, die ihrerseits von der Politik eingelassen wurde. In der Silvesternacht 2015/16 verlor die Kölner Polizei kurzfristig die Kontrolle über den Kölner Hauptbahnhof, so dass es zu unzähligen Gewalttaten kam, zum großen Teil in sexualisierter Form. Trotzdem erklärte die Kölner Polizei in einem Polizeibericht vom 1. Januar 2016 noch, die Kölner Nacht sei „friedlich“ und „entspannt“ gewesen.
Eine ähnlich spektakuläre Fehleinschätzung findet man in einem Bericht der Essener Polizei vom 18. Juli 2014, in dem eine Demonstration als „friedlich“ bezeichnet wird, in der Hakenkreuze gezeigt wurde, Hitlers Taten gegen Juden gefeiert wurden und unter anderem „Scheiß Jude, brenn!“ gebrüllt wurde.
Im Oktober 2015 wiederum verlor die Kölner Polizei kurzzeitig die Kontrolle über eine rechtsradikale Demonstration. Ein Bild von der Demonstration zeigt einen umgeworfenen Polizeibus und drumherum zum Teil vermummte Männer.
Am 12. Juli 2014 war die Polizei in Frankfurt so überfordert, dass sie hasserfüllten Demonstranten sogar ein Polizeiauto mit Lautsprecher zur Verfügung stellte, damit sie “Kindermörder Israel” brüllen konnten. Neben dem Polizeiauto lief ein Mann mit einem Schild herum, auf dem geschrieben stand: „Ihr Juden seid Bestien“
In Deutschland formiert sich ein Hass auf den Straßen und die Polizei scheint hilflos.
Am 13. November 2015, als bei dem fürchterlichen Anschlag in Paris 130 Menschen ermordet und über 350 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden, befand ich mich in Israel. Ich saß auf einer Parkbank in Jaffa, dem arabischen Teil von Tel Aviv, und trank eine Flasche Bier, die ich in einem Kiosk gekauft hatte, während ein Muezzin von einem Minarett zum Gebet rief, als auf meinem Handy die Nachricht auftauchte, dass etwas schlimmes in Paris geschehen sei.
Der Terror, der am 13. November 2015 in Paris zuschlug, ist eine Gefahr, mit der sich Israel seit Jahrzehnten beschäftigen muss, dennoch gibt es in Israel nichts, was dem deutschen Umgang mit Terrorismus auch nur Nahe kommt.
In Deutschland leben rund fünf Prozent Muslime. In Israel jedoch leben über zwanzig Prozent Muslime! Wenn in Deutschland eine Moschee gebaut werden soll, gehen unzählige Deutsche auf die Straße und demonstrieren dagegen. Wenn ein Muezzin in Deutschland von einem Minarett zum Gebet rufen möchte, sehen „deutsche Patrioten“ das Ende des Abendlandes nahe und lassen die muslimische Religionspraxis teilweise einfach verbieten. In Israel gehören Moscheen zur Selbstverständlichkeit! In Israel ruft der Muezzin zum Gebet, während ich im Schatten des Minaretts gelassen ein Bier trinke und mir von einem Moslem, der erst jüngst in Deutschland war, erklären lasse, dass das Leben in Israel für einen Moslem tausend Mal besser ist als das Leben in Deutschland, wo Muslime als radikal Fremde angesehen werden und wo es muslimische Stadtviertel gibt, in denen Muslime so verwahrlost leben, dass man sich in Israel dafür schämen würde. In Israels Metropolen demonstrieren nicht jede Woche zehntausend Menschen wie in Dresden gegen eine Islamisierung und lassen dabei jeden Anstand fahren.
Natürlich gibt es in Israel auch Ängste und Bedenken und die Terroristen, die in Israel wüten und morden, erklären, dass sie ihre Taten im Namen Allahs begehen, aber das bedeutet für Israel nicht, muslimischen Staatsbürger ihre Grundrechte zu nehmen. In Israel können und dürfen muslimische Staatsbürger alles tun, was ihre jüdischen Mitbürger auch tun können. In Deutschland sieht das anders aus. Dort werden Christen gegenüber Muslimen staatlich bevorzugt und zwar aufgrund eines Staatsvertrags, der am 20. Juli 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem damaligen Deutschen Reich unter Adolf Hitler abgeschlossen wurde.
Obwohl sich Israel seit über sechzig Jahren mit Krieg und Terror konfrontiert sieht, hat Israel an den Prinzipien der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit festgehalten. Das ist einzigartig! Noch nie in der ganzen Menschheitsgeschichte hat es ein demokratisches Land gegeben, das in seiner Existenz bedroht war und sich über Jahre hinweg gegen die erklärten Versuche zur kriegerischen Vernichtung des Volkes wehren musste, ohne dabei die eigene Demokratie abzuschaffen.
In Europa gab es in den letzten Monaten die ersten Vorspiele zu den Akten der Gewalt, die in Israel nur allzu bekannt sind. Dennoch kam es in Europa bereits jetzt zu einer beispiellosen Eskalation der Gewalt und Abschaffung von Prinzipien. In Deutschland werden unzählige Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt. Länder wie Polen und Ungarn erklären, Muslime seien unerwünscht. Tausende von Menschen gehen in Dresden und andernorts gegen Muslime auf die Straßen. Grenzen werden geschlossen und die Möglichkeit von Schießbefehlen an Grenzen von Politikerinnen der AfD ins Spiel gebracht. Zur selben Zeit werden auf Politiker Anschläge verübt. In Chemnitz wurde Sprengstoff gegen ein Parteibüro der AfD geworfen und in Arnsberg auf ein Parteibüro der AfD geschossen. In Karlsruhe wurde sogar auf einen Menschen geschossen, weil er Werbung für die AfD gemacht hatte.
Hier offenbart sich das ganze Dilemma. Während in Clausnitz über hundert Männer die letzten Reste menschlichen Anstands fahren lassen und „Ausländer raus“ brüllen, wobei sie natürlich selbst definieren, wer alles Ausländer ist, rufen die Brüder im Geiste in Karlsruhe „Nazis raus“ und entscheiden dabei ebenfalls selbst, wer Nazi ist, was für sie dann schon Legitimation genug ist, zur Waffe zu greifen und auf Mitglieder einer Partei zu schießen, weil sie glauben, sie dürften entscheiden, wer in Deutschland Grundrechte besitzt, nämlich nicht jene, die sie zum Nazi erklärt haben.
Als ich gerade schrieb „Leck mich am Arsch, Deutschland“, da erwähnte ich Artikel 5 und betonte, wie froh ich bin, dass es diesen Artikel gibt. Die Mütter und Väter des Grundgesetz’ wussten eben, dass nichts gefährlicher sein kann als ein autoritärer Staat, der den freien Diskurs verhindert. Ob eine Meinung gefährlich ist und somit das Grundrecht eingeschränkt werden muss, dürfen in einem freiheitlich-demokratischen Staat ausschließlich die Gerichte entscheiden und nicht irgendwelche Vollhonks! Das nennt sich Gewaltenteilung! Die Gewaltenteilung zu missachten ist Bürgerwehr PEGIDA Style.
Deutschland hat viel weniger ein Problem mit Flüchtlingen als viel mehr ein Problem mit sich selbst. Im Umgang mit islamischen Terror, der auf westdeutschen Straßen brüllt, dass Juden verbrannt werden sollen und deutschem Terror, der auf ostdeutschen Strassen brüllt, dass Ausländer raus sollen, wird Deutschland zeigen, wie souverän das Volk im Umgang mit komplizierten Herausforderungen ist. Wer nämlich glaubt, das Problem lösen zu können, in dem er „Ausländer raus“ brüllt, liegt genauso daneben wie jemand, der glaubt, alles sei wieder friedlich, wenn man nur die AfD verbietet.
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Frieden aufrecht zu halten, ist keine Kunst. In den ersten Jahrzehnten hat Deutschland das recht passabel hingekriegt, wenn auch mit Unterstützung der Alliierten, die stets ein nötiges und wachsames Auge auf Deutschland hatten. Seit einigen Jahren jedoch breitet sich Unfrieden in Deutschland aus und es sind solche Zeiten der Krise, in denen sich eine Nation bewährt.
Israel vollführt das Kunstwerk der Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien länger als Deutschland, und das obwohl sich das kleine Land seit seiner Gründung im Krieg befindet, an dessen Ende die sogenannten „radikalen“ Feinde das ganze jüdische Volk ausrotten wollen, während die sogenannten „moderaten“ Feinde nur die Vernichtung des Staates Israel im Auge haben. Dennoch wird Israel ausgerechnet von Deutschland kritisiert. Viele deutsche Kritiker geben Israel neunmalkluge Vorschläge und behandelt das Land wie ein gewöhnliches westeuropäisches Land, ganz so, als mache es keinen Unterschied, ob sich ein Land im Frieden befindet oder in einem Krieg, an dessen Ende die Feinde nur die totale Vernichtung des Landes akzeptieren können.
Es war so leicht und selbstgefällig, Israel zu kritisieren, als Deutschland noch im sanften Schlaf des verlogenen Friedens dämmerte. Jetzt aber wird langsam deutlich, dass Israel all die Jahre von einem Land kritisiert wurde, in dem Juden von muslimischen Terroristen bedroht werden, weil sie Juden sind, Muslime von muslimischen Terroristen bedroht werden, weil sie angeblich keine wahren Muslime sind, Deutsche gegen Muslime hetzen, weil sie angeblich keine wahren Deutschen sind, Christen Privililegien genießen, die andere Religonsgemeinschaften in Deutschland nicht haben, Anschläge auf Politiker verübt werden, weil sie angeblich Nazis sind und Anschläge auf Flüchlingsheime verübt werden, weil dort angelich nur Terroristen hausen. Die Polizei und die Politik kapituliert nicht selten vor all diesen Formen des Terrorismus‘. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition, um Israel Ratschläge zu erteilen!