#purim

Es ist Purim!

Purim ist ein jüdisches Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes vor der Vernichtung in der persischen Diaspora erinnert. Nach dem Buch Ester versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, alle Juden im Perserreich an einem Tag zu ermorden. Ester, die Frau des Königs und Jüdin legt daraufhin ein Wort bei ihrem Mann und König ein. Als der König erkannte, dass auch seine Frau der Vernichtung aller Juden zum Opfer fallen würde, ließ er Haman hängen. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Jetzt beginnt erst der für mich wichtige Teil.

Königin Ester bittet den König, den Aufruf Hamans zur Vernichtung der Juden rückgängig zu machen, aber der König sagt ihr, dass das nicht in seiner Macht läge, „denn die Schriften, die in des Königs Namen geschrieben und mit des Königs Ring versiegelt wurden, durfte niemand widerrufen.“ (Ester 8,8) Daraufhin bittet Ester den König, wenn er schon den ausgerufenen Hass rückgängig machen könne, er zumindest das Recht aller Juden ausrufen kann, sich zu verteidigen. „Und es war geschrieben in des Königs Ahasveros Namen und mit des Königs Ring versiegelt. Und er sandte die Briefe durch die reitenden Boten auf jungen Maultieren, darin der König den Juden Macht gab, in welchen Städten sie auch waren, sich zu versammeln und zu stehen für ihr Leben“. (Ester 8, 10-11)

Dies ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Erkenntnisse im Buch Ester: Judenhass, der in die Welt gesetzt wurde, kann nicht einfach so wieder abgeschafft werden, nicht einmal von einem König. Wer Judenhass erst einmal gesät hat, kann dies nicht wieder ungeschehen machen. Es gibt ein schönes Gleichnis, dass den Schaden, der durch Worte des Hasses verursacht werden kann, gut auf den Punkt bringt:

„Ein Mann hatte schlecht über einen anderen gesprochen. Er ging zum Rabbi und fragte ihn, wie er das wieder gut machen könne. Der Rabbi trug ihm auf, ein Federkissen zu besorgen und herzubringen. Das tat der Mann und der Rabbi gab ihm den Auftrag, das Kissen aufzuschneiden und die Federn aus dem Fenster zu schütteln. Als der Mann damit fertig war, stellte sich der Rabbi neben ihn und sah eine Weile zu, wie die Federn vom Wind über die ganze Stadt verteilt wurden. Dann sagte er zu dem Mann: „So, und nun fange damit an alle Federn wieder einzusammeln.“

Nun können Juden nicht darauf hoffen, dass geläuterte Judenhasser alle Federn des Hasses, die sie zerstreut haben auch tatsächlich wieder einsammeln. Daher muss das Recht auf Verteidigung selbstverständlich sein.

Ich muss beim diesjährigen Purim-Fest an Jakob Augstein denken. Natürlich ist Jakob Augstein kein Haman, aber von ihm sind in der letzten Zeit die schlimmsten journalistischen antisemitischen Äusserungen der deutschsprachigen Presse gekommen. Laut Augstein hat Jerusalem die Macht, den Willen in Berlin zu beugen, bekommt Israel alles was es will, ohne dafür zahlen zu müssen, beherrschen Juden die amerikanische Politik und hält Netanjahu die Welt am Gängelband. Jakob Augstein traut Juden in Israel sogar zu, für den Film „The Innocence of Muslims“ verantwortlich zu sein. Mit anderen Worten:

Jakob Augstein propagiert eine jüdische Weltverschwörung!

Was Jakob Augstein mit all seinen Aussagen angerichtet hat, kann nur mit Schrecken erahnt werden. Seine sogenannte „Israelkritik“ hat mehrfach die Grenze zum Antisemitismus überschritten. Es ist somit verständlich, das sich Juden gegen diese Dämonisierung Israels gewehrt haben. Das Simon Wiesenthal Center erklärte Jakob Augsteins Aussagen zu den schlimmsten antisemitischen Verunglimpfungen des Jahres 2012. Nun hätte sich das Feuilleton in Deutschland durch diese Entscheidung natürlich fragen können, ob es mit der sehr einseitig gegen Israel gerichteten Berichterstattung zu weit gegangen ist, aber das Feuilleton in Deutschland handelte nicht wie Ahasveros. Im Gegenteil: Mehrheitlich wurde der Glaube Augsteins an die jüdische Weltverschwörung als nicht antisemitisch bezeichnet.

In einem Land, in dem ein anzüglicher Kommentar an einer Bar eine regelrechte Sexismus-Debatte ausgelöst hat, wurden die Äußerungen von Jakob Augstein aufs schamloseste verharmlost.

Tapfer im Nirgendwo lädt daher alle Leserinnen und Leser ein, von der Kapagne #aufschrei zu lernen. Damit die Mehrheitsgesellschaft einmal ein Gefühl für den vorhandenen und den Alltag durchdringenden Antisemitismus bekommt, lade ich alle Leserinnen und Leser ein, über antisemitische Erlebnisse zu berichten und diese Erlebnisse mit einem Hashtag zu versehen. Ich schlage vor: #purim

Ich warne aber jetzt schon vor dem Ergebnis, denn es kann besonders die linken Israelkritiker verschrecken, schließlich wurde die erste nach 1949 durch einen Deutschen vorgenommene Selektionen von Juden durch einen linken Terroristen vorgenommen: Wilfried Böse. Auch der deutlich größte Teil aller Morde an Juden nach 1949 unter Mithilfe deutscher Terroristen gehen auf das Konto von Linksextremisten. Am 9. November 1969 wurde sogar versucht, die Reichsprogromnacht durch einen Brandanschlag auf ein jüdisches Gemeindehaus zu „feiern“. Auch hier kamen die Täter aus dem linken Spektrum.

Es wird also Zeit, dass sich gerade die linken „Israelkritiker“ einmal die Frage stellen, was sie mit ihren als Kritik getarnten Ressentiments bereits alles angerichtet haben.

Heute ist Purim. Ein guter Tag, sich gegen Antisemitismus zu wehren!

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
Dieser Beitrag wurde unter Antisemitismus, Judentum veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.