Eine Erfindung von links

Antijudaismus ist der Hass auf Juden. In Europa war diese Form des Judenhasses lange Zeit von Christen geprägt. Sie nannten Juden Kindermörder, verfolgten sie und griffen ihre Synagogen an. Einer der bekanntestes Einpeitscher des Antijudaismus‘ war Martin Luther. In seiner Abhandlung „Über die Jüden und ihre Lügen“ erklärte er:

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen.“

In seinem „Handbuch über die Judenfrage“ forderte er:

„Ich will meinen treuen Rat geben. Erstlich, dass man ihre Synagoge oder Schule mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, dass kein Mensch einen Stein oder Schlacke davon sehe ewiglich …“

Mit der Aufklärung nahm der christliche Antijudaismus ab. Seinen Platz nahm der Antisemitismus ein. Antisemiten erklären Juden zu einer minderwertigen Rasse, nennen Juden Kindermörder, verfolgen und ermorden sie und greifen ihre Synagogen an.

Antisemitismus ist der pseudo-wissenschaftliche Versuch, dem alten religiösen Judenhass ein neues Gewandt zu geben. Nachdem viele Menschen die Kostüme der christlichen Dogmen und Fundamentalismen abgelegt hatten, erkannten sie, dass sie nackt waren und immer noch keine Juden mochten. Der Judenhass war in langer, traditioneller Ausübung so tief in ihren Herzen verankert, dass er Eingang in das Zeitalter der Aufklärung hielt.

Das Wort Antisemitismus ist historisch gesehenen der pseudo-wissenschaftliche Versuch, dem alten religiösen Judenhass ein neues modernes Gewandt zu geben. Das Wort taucht in der Mitte des 19. Jahrhundert erstmals auf und wird dann zu einem nicht unerheblichen Teil von dem Journalisten Wilhelm Marr (1819-1904) geprägt. Marr griff das Wort auf und rechtfertigte damit eine rassistische Ausgrenzung der Juden. Er gehörte dem extrem linken Flügel der radikal-demokratischen Partei um 1848 an und war erklärter Atheist. Wilhelm Marr war links, demokratisch und er hasste Juden!

In Marrs linker Überzeugung waren die Juden schuld am Liberalismus, weil sie sich den jüdisch konnotierten Kapitalinteressen verschrieben hätten. In Berlin erschien im Februar 1879 seine Propagandaschrift “Der Sieg des Germanenthums über das Judenthum – Vom nichtconfessionellen Standpunkt aus betrachtet”, die noch im selben Jahr zwölf Auflagen erlebte. In dieser Schrift grenzt sich Marr deutlich von der traditionellen religiösen Judenfeindschaft ab und behauptet stattdessen, dass die Juden eine fremde Rasse von „Parasiten“ seien, die erfolgreich die Ausbeutung Deutschlands betreiben. Diesen Paradigmenwechsel von Religion zu Rasse verdeutlichte er durch die Benutzung des Begriffs „Antisemitismus“. Marr prägte wesentliche Klischees und Schlagworte. Er legte 1880 mit seiner Schrift “Goldene Ratten und rothe Mäuse” die Basis für die verschwörungstheoretische Gleichsetzung von Judentum, Kapitalismus und Kommunismus, wie sie später Adolf Hitler in “Mein Kampf” vertrat.

Wilhelm Marr gehört zu jenen aufgeklärten Demokraten, die zwar auf Gott und den König verzichten konnten, nicht aber auf den Judenhass. Mit pseudo-wissenschaftlicher Akribie wurde der Hass intellektuell rehabilitiert und dabei brutalisiert. War es bei dem religiösen Antijudaismus noch möglich, dass ein Jude Christ werden konnte, um der Verfolgung zu entgehen, wurde der Jude für den Antisemiten zu einem ewigen Jude und somit zu einem Problem, das nur noch durch die physische Vernichtung gelöst werden konnte. In der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ fand dieser Hass seinen grausamen Höhepunkt.

Als der Antisemitismus aufkam, kannten viele Menschen nur den klassischen Antijudaismus. Sie sahen den Antijudaismus nicht mehr als große Gefahr an. Das Christentum hatte schließlich seine absolute Macht eingebüßt und in Deutschland wurden Juden sogar Ende des 19. Jahrhunderts vollwertige Bürger des Deutschen Kaiserreichs. Der Antisemitismus könnte wüten, weil er fahrlässig unterschätzt wurde.

Unterschätzt wird heute auch die neue Form des Judenhasses. Es ist der Antizionismus! Antizionisten erklären Juden zu einem Volk, das nichts aus dem Holocaust gelernt haben soll. Antizionisten nennen Juden Kindermörder, verfolgen und ermorden sie und greifen ihre Synagogen an. Antizionismus ist der Hass auf das Judentum als Nation. Wieder findet sich dieser neu definierte alte Hass auf Juden besonders in linken Kreisen. Wieder wird dieser Hass maßlos unterschätzt!

Die hysterische Kritik an Israel ist nichts weiter als blanker Judenhass, weil an Israel kritisiert wird, was bei allen anderen Ländern der Welt ignoriert wird. Israel wurde von den Vereinten Nationen öfter mit kritischen Resolutionen bedacht, als alle anderen Nationen zusammen. Israel ist für viele der Jude unter den Staaten. Sie hassen Israel nicht aufgrund eines bestimmten Handels, sondern weil Israel überhaupt handeln kann, egal wie! Es ist die pure Existenz Israels, die nicht erwünscht ist.

So wie der Antijudaismus einst von Christen ausging, so hat der Antizionismus heute in der muslimischen Gemeinschaft einen willigen Vollstrecker. Die muslimische Hamas zum Beispiel hat nicht nur einen Hass auf Israel, sondern fordert zudem die Vernichtung aller Juden weltweit. Die Hamas peitscht ihre Feinde ein und schießt seit Jahren immer wieder und oft täglich tausende Raketen in Richtung Israel ab, um so viele Kinder, Frauen, Zivilisten, Schulen, Hospitäler und Heime wie möglich zu treffen. Statt aber Israels Recht auf Selbstverteidigung zu verteidigen, wird von vielen Leuten erwartet, Israel solle mit den Judenhassern verhandeln. Wie aber verhandelt man mit einer Terrororganisation, die alle Juden vernichten will? Soll Israel dieser Organisation etwa auf halbem Weg entgegenkommen?

Israel muss jeden Krieg gewinnen! Nach zehn Kriegen muss es 10:0 stehen. Ein 9:1 ist nicht möglich. Nur ein verlorener Krieg bedeutet, dass Israel nicht mehr existiert. Israel lebt seit seiner Gründung in einer permanenten Sudden Death Situation. Der Gegner kann ruhig einen Krieg nach dem anderen verlieren; Israel aber muss jeden Krieg gewinnen. Israel hat daher kein Interesse an einen Krieg. Israel ist eine marktwirtschaftliche Demokratie und wäre lieber von Geschäftspartner umgeben als von Feinden.

Der Antizionismus blendet das alles aus. Der Antizionismus wird in Deutschland so fahrlässig unterschätzt wie einst der Antisemitismus. Diether Dehm von der Partei Die Linke zum Beispiel erklärt:

“Der Antisemitismus wurde das, was er wirklich ist: Eine massenmordende Bestie. Und deswegen dürfen wir nicht zulassen, dass man den Begriff des Antisemitismus für Alles und Jeden inflationiert. Antisemitismus, das ist Massenmord! Und es gibt überhaupt keinen Anlass, wenn mein Kollege und Freund Rolf Becker hier spricht, wenn von irgendeiner Seite dazwischengepöbelt wird Antisemitismus. Antisemitismus ist Massenmord und muss dem Massenmord vorbehalten bleiben!”

In Deutschland beginnt Antisemitismus laut Diether Dehm also erst mit der Vergasung von 6 Millionen Juden. Alles darunter ist vermutlich eine Ordnungswidrigkeit! Der Antizionismus wird heute so verharmlost wie einst der Antisemitismus. Manch einer fordert sogar einen „unverkrampften Umgang mit Israel“.

Noch unverkrampfter? Israel ist in Deutschland das am meisten kritisierte Land. Kritik an Israel ist in Deutschland nicht nur möglich sondern Mainstream. 65% sind laut einer durch die WELT am 4.11.2003 veröffentlichen Umfrage der EU der Meinung, dass Israel die größte Gefahr für den Weltfrieden darstelle. 65% in Europa finden Israel somit bedrohlicher als sämtliche national-islamistischen Diktaturen.

Im Jahr 2004 stimmten bei einer Umfrage der Landeszentrale für politische Bildung 38,4% der in Deutschland Befragten der Aussage zu: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat.“ Wieviel unverkrampfter soll es denn bitte noch werden? Wenn das die deutsche Verkrampfung ist, was passiert dann erst, wenn sich die Deutschen locker machen?

Der Umgang mit Israel ist unverkrampft genug, besonders bei dem Publizisten Jakob Augstein, der immer wieder betont, „im Zweifel links“ zu sein und bei internationalen Analysen schon mal gerne jüdische Strippenzieher ins Spiel bringt:

„Wenn Jerusalem anruft, beugt sich Berlin dessen Willen.“ (Spiegel)

So denkt es im linken Augstein: Der Jude kommandiert, der Deutsche beugt sich, und was am schlimmsten ist:

„Israel bekommt das, was es will. Und dafür muss Israel nicht einmal zahlen.“ (Spiegel)

Mit diesem Linken Herz am rechten Fleck wundert es nicht, dass Jakob Augstein den Schriftsteller Günter Grass zum Heiligen erklärt, der wie Jesus die Last der Israelkritik für uns alle auf sich genommen hat:

„Es ist dieser eine Satz, hinter den wir künftig nicht mehr zurückkommen: „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.“ Dieser Satz hat einen Aufschrei ausgelöst. Weil er richtig ist. Und weil ein Deutscher ihn sagt, ein Schriftsteller, ein Nobelpreisträger, weil Günter Grass ihn sagt. Darin liegt ein Einschnitt. Dafür muss man Grass danken. Er hat es auf sich genommen, diesen Satz für uns alle auszusprechen.“ (Spiegel)

Der Grass hat es also auf sich genommen, diesen Satz für uns alle auszusprechen. Für Jakob Augstein steht fest: Israel will Krieg und bedient sich dazu ständig der jüdischen Lobby in Amerika und instrumentalisiert sogar das deutsche schlechte Gewissen wegen des Holocausts:

„Mit der ganzen Rückendeckung aus den USA, wo ein Präsident sich vor den Wahlen immer noch die Unterstützung der jüdischen Lobbygruppen sichern muss, und aus Deutschland, wo Geschichtsbewältigung inzwischen eine militärische Komponente hat, führt die Regierung Netanjahu die ganze Welt am Gängelband eines anschwellenden Kriegsgesangs.“ (Spiegel)

Das sind die Überzeugungen vieler Linke von heute: Israel ist unser Unglück! Mit diesem Hass können viele Islamisten etwas anfangen. Sie sind fest davon überzeugt, dass die Welt friedlich wäre, wenn nur alle den Islam annehmen würden. In einer erst jüngst gehaltenen Predigt des Sheich Ibrahim Madhi in der Sheik ‘Ijlin Moschee befasst sich der Redner mit einer Hadith-Stelle, in der Mohammed die perfekte Welt erst nach dem Tod aller Juden verorten kann.

Mohammed sagt dort: „Die Stunde wird nicht kommen, bis ihr gegen die Juden solange kämpft, und bis der Stein, hinter dem sich der Jude versteckt hat, spricht: „Du Muslim, hier ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt, so töte ihn.”

Sheich Ibrahim Madhi interpretiert: Der Prophet sagt: ‘Die Juden werden gegen euch kämpfen, und Allah wird Euch als Herrscher über sie setzen.’ Wir blasen sie in die Luft in Hadera, wir blasen sie in die Luft in Tel-Aviv und in Netanya. Und auf diese Weise wird Allah uns als Herren über diese Rotte hergelaufener Landstreicher setzen. Wenn ein Jude sich hinter einem Stein oder einen Baum versteckt, dann werden der Stein oder der Baum sagen: Oh Muslim, oh Diener Allahs, ein Jude versteckt sich hinter mir, komm und töte ihn…“

Als die Nazis ihren mordenden Judenhass propagierten, ging Heinrich Himmler ein Bündnis mit Teilen des Islams ein, u.a. mit dem Mufti Al Husseini. Dieses Bündnis wird noch heute von islamischen Organisationen als heilig angesehen, der Hitlergruß ist gängige Praxis bei der Hamas wie bei der Hisbollah, wie man hier sehen kann. Mehrere islamische Staaten, unter ihnen Algerien, Saudi-Arabien, Jordanien und Libyen sind stolz darauf, „judenfrei“ zu sein. Sie haben geschafft, woran Hitler gescheitert war.

Die brutalsten judenfeindlichen Ausschreitungen in Europa haben mittlerweile einen islamistischen Hintergrund. Am 21. Januar 2006 wurde in Frankreich Ilan Halimi von einer Gruppe muslimischer Einwanderer entführt und über einen Zeitraum von drei Wochen gefoltert, weil er Jude war. Er erlag seinen Verletzungen. Am 8. Juli 2014 griff ein arabischer Mann ein 17-jähriges jüdisches Mädchen auf einer Straße in der Nähe des Pariser Nordbahnhof tätlich an und sprühte ihr Pfeffer-Spray ins Gesicht. Im gleichen Monat wurde ebenfalls in Paris ein Brandanschlag auf eine Synagoge verübt. Im selben Monat kam es in vielen Städten Deutschland zu Demonstrationen, bei denen die Vergasung von Juden gefordert wurde. Am 19. März 2012 wurden vier Menschen vor einer jüdischen Schule in Toulouse getötet, drei der Opfer waren Kinder. Im Jahr 2014 wurden in Brüssel im Jüdischen Museum drei Menschen durch einen Islamisten ermordet. Im gleichen Jahr riefen Islamisten auf deutschen Straßen dazu auf, Juden zu vergasen! Im Dezember 2014 wurde ein junges jüdisches Paar bei Paris von drei Muslimen überfallen, weil sie Juden waren. Die 19-jährige Frau wurde vergewaltigt.

All diese Taten wurden motiviert von diesen Worten:

“Juden sind fremdartige Bakterien, sie sind Mikroben ohne Beispiel auf dieser Welt. Möge Gott das schmutzige Volk der Juden vernichten, denn sie haben keine Religion und kein Gewissen! Ich verurteile jeden, der glaubt, eine normale Beziehung mit Juden sei möglich, jeden, der sich mit Juden zusammensetzt, jeden, der glaubt, Juden seien Menschen! Juden sind keine Menschen, sie sind kein Volk. Sie haben keine Religion, kein Gewissen, keine moralischen Werte!”

Was klingt wie eine Rede von Joseph Göbbels ist in Wirklichkeit viel jünger. Sie wurde am 28. Februar 2010 auf Al-Aqsa TV von einem Minister der Hamas gehalten. Die Worte sind an alle Muslime gerichtet. Die Hamas wurde in Gaza zur stärksten Partei gewählt und fordert laut Artikel 7 der eigenen Gründungscharta die Vernichtung aller Juden weltweit.

Die Hamas fordert die Vernichtung aller Juden. Die Fatah wiederum fordert „nur“ die Vernichtung des Staates Israels. Viele Linke nennen die Fatah daher gemäßigt und fordern Israel auf, mit diesen Leuten zu Israel verhandeln. Diese Aufforderung kommt jedoch einer Erpressung gleich. Mit der Fatah und der Hamas über die Modalitäten der Vernichtung zu verhandeln, bedeutet, darüber zu verhandeln, ob nun alle Juden oder nur Israel vernichtet werden sollen und ob nun sofort oder erst in ein paar Jahren.

Sollte es erst in ein paar Jahren sein, haben die Fatah und die Hamas genug Zeit, den Hass in die Köpfe der Kinder zu hämmern. In Kindersendungen, Schulen und in der Moschee wird der Hass auf Juden gepredigt und gelehrt.

Dieser Antizionismus wird heute so unterschätzt wie damals der Antisemitismus. Ob jedoch nun Antijudaismus, Antisemitismus oder Antizionismus, in allen drei Fällen ist die Definition von Judenhass gleich. Henryk M. Broder hat es auf diese einfache wie geniale Formel gebracht:

“Ein Judenhasser ist, wer an Juden kritisiert, was er an anderen Menschen nicht kritisiert.”

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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