Sigmar Gabriel vs Claudia Roth

Sigmar Gabriel (SPD) hat spontan in Dresden an einer Diskussionsveranstaltung mit PEGIDA-Angängern teilgenommen. Zur gleichen Zeit nahm Claudia Roth (Die Grünen) an einer Gesprächsrunde in Teheran mit dem autoritären Regime Irans teil. Gibt man heute bei der News-Suche auf Google die beiden Namen Claudia Roth und Sigmar Gabriel ein, sieht man, dass Sigmar Gabriels Gespräch mit einer fragwürdigen Protestbewegung innerhalb einer demokratischen Bürgergesellschaft ein größeres Medienecho auslöst und mehr Kritik auslöst als Claudia Roths Gespräch mit einem autoritären Regime innerhalb einer Theokratie, in der homosexuelle Menschen und jene, die sich vom Islam abwenden, hingerichtet, Christen und Juden verfolgt und Frauen diskriminiert werden. Claudia Roths Treffen wird nicht einmal unter den Top Nachrichten erwähnt!

Irgendwas ist sehr schief am deutschen Kompass!

In den deutschen Medien muss man lange suchen, bis man einen Beitrag über Claudia Roths Reise in den Iran findet. Bei den iranischen Medien wird man deutlich schneller fündig. Fars ist eine iranische Nachrichtenagentur. Sie unterhält Dienste in Persisch, Türkisch, Arabisch und Englisch. Fars ist offiziell unabhängig, gilt aber als unter dem Einfluss der Revolutionsgarde stehend. Fars berichtet von dem Treffen wie folgt:

TEHERAN (FNA) – der iranische Parlamentspräsident, Ali Laridschani, warnte bei einem Treffen mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Claudia Roth, in Teheran am Sonntag vor der Schändung religiöser Heiligtümer unter dem Vorwand der Freiheit der Rede und sagte, dass solche Bewegungen den Hass zwischen den Nationen intensivieren.

„Beleidigung der göttlichen Religionen und Propheten unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit provozieren Gefühle von Hass in der Welt“, sagte Laridschani während der Sitzung.

Kritik an der Meinungsfreiheit, das ist es, wofür eine deutsche Politikerin jetzt ganz schnell ihren Kopf herhalten muss. Claudia Roth macht es gerne. Da freut sich doch das Mullahregime. Fars berichtet:

„Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, für ihren Teil, unterstrich die Notwendigkeit der aktiven Verbesserung der bilateralen Beziehungen zwischen den Parlamente beider Länder und sagte: „Es gibt viele Kapazitäten, die vom Iran und Deutschland genutzt werden können, zur Schaffung von Stabilität und Ruhe, sowie zur Beseitigung Gewalttaten.“

Welche Kapazitäten gemeint sein können, darüber ist sich Fars mehr als klar:

„Das französische Satiremagazin veröffentlichte ein Sakrileg in Form einer Karikatur des Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm), nur eine Woche nachdem Bewaffnete acht Journalisten und vier andere Menschen in dem Büros in Paris getötet hatten. Die Entscheidung des Satiremagazins hat die Gefühle der über eine Milliarde Muslime in der ganzen Welt verletzt und verursachte wütende Proteste in vielen Staaten der Welt.“

Wohl gemerkt, die Karikatur hat laut Fars die „über eine Milliarde Muslime in der ganzen Welt“ beleidigt, nicht der Mord! Man muss schließlich Prioritäten setzen.

Irgendwas ist sehr schief am iranischen Kompass!

Fars berichtet weiter:

„Das iranische Außenministerium bedauert die Veröffentlichung der blasphemische Karikatur, die sie als „Provokation“ und „beleidigend“ einstufen. „Wir verurteilen die provokative Entscheidung und unserer Ansicht nach ist die Aktion der Wochenzeitung beleidigend. Wir verurteilen sie vollständig, da es provozierend ist und die Gefühle der Muslime der ganzen Welt verletzt. Es wird eine Folge von Extremismus in der Welt schaffen“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Marziyeh Afkham in Teheran.“

Claudia Roth saß da und hörte, wie eine Sprecherin des iranischen Außenministeriums erklärte, es würde zu weiteren Anschlägen kommen, wenn man weiterhin an der Freiheit der Kunst und der Presse festhalten würde. In früheren Zeiten, wäre eine solche Aussage einer Kriegserklärung nahe gekommen. Heute aber sitzt Claudia Roth seelenruhig da, hört sich alles an und in der deutschsprachigen Presse wird kaum ein Wort darüber verloren, weil es viel wichtiger ist, darüber zu berichten, dass Sigmar Gabriel in Dresden mit Demonstranten gesprochen hat.

Sigmar Gabriel war weder in eine Deutschlandfahne gewickelt, noch trug er irgendwelche Symbole von PEGIDA am Leib. Claudia Roth jedoch saß in Teheran mit Kopftuch herum und unterwarf sich somit den sexistischen Kleidernormen des autoritären Regimes. Sie, die einer Partei angehört, die bereits in eine Krise verfällt, wenn das Parteiprogramm nicht in einer genderneutralen Sprache verfasst ist, bekommt für ihren Dialog mit einem patriarchalischen, faschistoiden Mullahregime weniger Kritik als Sigmar Gabriel für sein Gespräch mit PEGIDA.

Volker Beck (Die Grünen) attestiert der SPD einen „demonstrativen Schlingerkurs“. Die PEGIDA-Bewegung dürfe nicht als Gesprächspartner aufgewertet werden, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk zu Gabriels Veranstaltungsbesuch. Schon klar. Dann doch lieber das unmenschliche Regime in Teheran aufwerten!

Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann erklärte der Welt: „Ich bin dagegen, mit Leuten zu reden, die Menschen verweigern wollen, bei uns Zuflucht vor Krieg, Verfolgung und Hunger zu suchen.“

Was sagt sie eigentlich zu Claudia Roth, die gerade mit den Leuten spricht, die überhaupt erst dafür sorgen, dass Leute Zuflucht vor Krieg, Verfolgung und Hunger suchen müssen?

Yasmin Fahimi (SPD) sagte der Frankfurter Rundschau, sie lehne einen Dialog mit PEGIDA-Anhängern ab. „Wer mündig ist, trägt Verantwortung für seine Taten und dafür, wem er hinterherläuft. Deswegen möchte ich in keinen Dialog treten mit Leuten, die Stimmung schüren gegen Migranten, gegen Ausländer und gegen Andersdenkende.“

Claudia Roth darf durchaus als mündig bezeichnet werden, auch wenn man manchmal ein paar Zweifel daran hegen kann. Die trägt Verantwortung für ihre Taten. Sie ist in einen Dialog mit Leuten getreten, die erklären, Charlie Hebdo hätten den Mord provoziert und man müsse mit mehr Anschlägen rechnen, wenn die Freiheit der Kunst nicht bald anders ausgelegt werden würde. Sie saß mit Leuten an einem Tisch, die Hinrichtungen durchführen lassen, wenn Menschen homosexuell sind oder sich vom Glauben abwenden.

Warum ist das kein Thema? Warum reden alle über Sigmar Gabriel, aber kaum jemand über Claudia Roth?

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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