Es waren die Europäer

„Die Amerikaner sind auch nicht viel besser. Sie haben die Indianer ausgerottet!“

Diesen Satz höre ich immer wieder, nicht selten von Europäern. Ich staune immer wieder, wie es die Europäer geschafft haben, die eigene Schuld in andere Schuhe zu schieben. Es waren nämlich nicht die Amerikaner. Es waren die Europäer!

Es waren die Spanier, Portugiesen, Engländer, Holländer, Deutschen, Franzosen, eben die ganze europäische Meute, die mit hölzernen Schiffen, aber eisernem christlichen Glauben in die Neue Welt zogen, um dort gehörig den Kehraus zu machen. Es waren die Einwanderer, die unter anderem vor den Kriegen, Hungersnöten und Verfolgungen in Europa flüchteten.

Das ist wohl auch der Grund, warum die Native Americans keine so große Lobby haben, denn wer ihre Geschichte des Leids erzählen möchte, muss eine Geschichte erzählen, in der Flüchtlinge und Einwanderer das Leid brachten.

Es waren die Einwanderer und Flüchtlinge aus Europa, die das Leid brachten.

Wer sagt, die Amerikaner hätten Völkermorde an den alten Stämmen begangen, macht damit die afrikanischen Amerikaner für das Verbrechen europäischer Amerikaner verantwortlich, was schon sehr geschmacklos ist, da die meisten afrikanischen Amerikaner als Sklaven der europäischen Amerikaner in die Neue Welt „verfrachtet“ wurden, im wahrsten und brutalsten Sinne des Wortes. Sie wurden als menschliches Material in Schiffen gestapelt und verfrachtet.

Es waren auch nicht die asiatischen Einwanderer, die für diese Verbrechen verantwortlich gemacht werden können. In den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Amerikaner mit japanischer Herkunft sogar in Lager deportiert, da die Vereinigten Staaten von Amerika im Dezember 1941 von Japan in Pearl Harbour angegriffen worden waren und japanische Einwanderer daher als „Sicherheitsrisiko“ eingestuft wurden.

Jene, die behaupten, „die Amerikaner“ hätten „die Indianer“ ausgerottet, zeigen damit ihr absolutes Unverständnis, wenn es um die Vereinigten Staaten von Amerika geht. Sie sagen „Amerika“, meinen damit aber nicht das real existierende, multiethische Amerika, sondern haben lediglich ein „weißes“ Amerika im Kopf. Die afrikanischen Amerikaner sind jedoch gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika. Das Recht, sich Amerikaner mit allen Rechten der Bill Of Rights nennen zu dürfen, erhielten sie am 3. Februar 1870 durch die Ratifizierung des 15. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten. Dieser Zusatz verbietet es, einer Person aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer Hautfarbe das Wahlrecht zu verweigern.

Im Jahre 1870 erhielten alle Männer, jenseits ihrer Herkunft und Hautfarbe das Wahlrecht erhielten. Frauen egal ob „schwarz“ oder „weiß“ erhielten erst 1920 das verfassungsrechtlich verankerte Wahlrecht mit dem 19. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten erhielten. Es schien für die europäischen Männer somit akzeptabler zu sein, dass eher ihre Sklaven an der Politik partizipieren als ihre Frauen.

Es war die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, die mit all den brutalen Unterdrückungen von Rassismus bis Sexismus, die aus jahrhundertelanger Tradition der alten Heimat mit in die neue Welt gekommen waren und dort noch lange auch institutionell herrschten, ein Ende machte. Diese Verfassung jedoch und das muss auch betont werden und darauf können die Europäer stolz sein, wurde ebenfalls von Einwanderern und Flüchtlingen aus Europa geschrieben. Das waren auch die Europäer!

Alles hat stets zwei Seiten.

Und übrigens, fragen Sie mal einen Deutschen, wann in Deutschland die Sklaverei abgeschafft wurde. Sie werden vermutlich nicht die Antwort erhalten, die korrekt ist. Die korrekte Antwort lautet: Im Jahr 1945! Im Jahr 1945 wurde die Zwangsarbeit in Arbeitslagern beendet und somit der Versklavung von Menschen in Deutschland ein Ende gesetzt. Dafür war allerdings ein Weltkrieg nötig und erst durch das Eingreifen Amerikas konnte der Unterdrückung in Europa beendet werden.

Nach 1945 waren es die Amerikaner, die in sogenannten Amerika-Häusern Deutschen die Demokratie beibrachten und darauf können die Amerikaner richtig stolz sein.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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