Facebook, Twitter und Co dürfen nicht nach Lust und Laune löschen und sperren!

Es gibt Menschen, die behaupten, soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter hätten ein virtuelles Hausrecht, das es den Unternehmen erlaube, nach Lust und Laune Beiträge zu löschen und Nutzer zu sperren. Das ist jedoch nicht die Rechtslage, wie das Landgericht Köln bereits im Jahr 2018 bestätigte.

Mit dem Unterzeichnen der allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen ein soziales Netzwerk und der Nutzer einen Vertrag miteinander ein, der darin besteht, dass der Nutzer eine Plattform zur Veröffentlichung seiner Texte gestellt bekommt und die Plattform als Gegenleistung Daten von dem Nutzer erhält, die das Unternehmen dann vermarkten kann. Wenn die Plattform einen Nutzer grundlos sperrt, begeht das Unternehmen damit einen Vertragsbruch, denn es gilt: „Pacta sunt servanda“.

Verträge sind einzuhalten!

Dieses Prinzip der Vertragstreue ist der wichtigste Grundsatz des öffentlichen und privaten Vertragsrechts. Im deutschen Zivilrecht findet sich dieser allgemeine Grundsatz der Verpflichtung zur Erfüllung von Schuldverhältnissen in §241 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Im November 2018 wurde Tapfer im Nirgendwo-Autorin Malca Goldstein-Wolf für die Veröffentlichung eines Witzes für dreißig Tage von Facebook gesperrt und der Witz gelöscht. Sie bevollmächtige umgehend Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, der bei dem Landgericht Köln einen Beschluss in einem einstweiligen Verfügungsverfahren erwirkte, der es Facebook untersagte, den Witz zu löschen und Malca Goldstein-Wolf wegen dieses Witzes zu sperren. Bei Zuwiderhandlung drohten Facebook eine viertel Millionen Euro Ordnungsgeld. In der Begründung der 32. Zivilkammer im Kölner Landgericht heißt es (Aktenzeichen: 32 O 323/18):

„Bei dem Vertrag der Parteien handelt es sich um einen als Dauerschuldverhältnis geregelten Austauschvertrag. Die Antragsgegnerin stellt dem jeweiligen Nutzer ihrer IT-Infrastruktur zur Verfügung. Im Gegenzug willigt der Nutzer in die Speicherung und Verwendung der Daten durch die Antragsgegnerin ein, die diese Daten u.a. für Werbezwecke vermarktet. Durch den von der Antragstellerin glaubhaft gemachten Vertrag hat sich die Antragsgegnerin zur Bereitstellung ihre Dienste verpflichtet. Hierzu gehört die Möglichkeit, Beiträge und Inhalte zu posten. Diese vertraglich eingeräumten Möglichkeit hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin durch Löschung des Beitrags der Antragstellerin und die 30-tägige Sperre genommen. Die Antragsgegnerin somit hat gegen die Verpflichtung, der Antragstellerin ihre Infrastruktur als Plattform zur Verfügung zu stellen, verstoßen.“

Facebook hat eine Vertrag mit der Nutzerin und diesen Vertrag muss Facebook einhalten.

Wenn nicht gegen die Gemeinschaftsstandards oder gegen das deutsche Gesetz verstoßen wird, darf Facebook nicht einfach so Beiträge von Vertragspartnern löschen und die Vertragspartner sperren. Da das Landgericht Köln bei Malca Goldstein-Wolfs Witz keinen solchen Verstoß feststellen konnte, war die Löschung des Witzes und die Sperrung der Nutzerin nicht erlaubt.

Malca Goldstein-Wolfs Facebook-Seite musste somit wieder freigeschaltet und der Witz wieder veröffentlicht werden.

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Dieser Beschluss wurde möglich durch die unermüdliche Arbeit des Rechtsanwalts Joachim Steinhöfel, der auch mich bereits mehrmals juristisch beraten, unterstützt und vertreten hat. Tapfer im Nirgendwo und ich haben ihm viel zu verdanken.

Joachim Steinhöfel handelt aus der tiefen Überzeugung heraus, dass es sich lohnt, für die Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Entfaltung der Person zu kämpfen. Nicht selten hilft er Menschen, die finanziell nicht in der Lage sind, sich eine so gute Vertretung vor Gericht zu leisten.

Auch dieser Fall wurde nur möglich, weil die mit der Seite „Meinungsfreiheit im Netz“ gesammelten Beiträge seine anwaltliche Tätigkeit möglich gemacht haben. Ich selber habe auch schon gespendet. Jeder von uns könnte der Nächste sein, der auf diese Unterstützung angewiesen ist, um Facebook nicht wehrlos gegenüber zu stehen. Die Nutzerinnen und Nutzer verbünden sich für „Meinungsfreiheit im Netz“. Eine gute Sache!

https://meinungsfreiheit.steinhoefel.de/spenden/

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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