Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf’m Frauendeck …

Am 31. Mai 2010 befand sich die Bundestagsabgeordnete Annette Groth (Die Linke) auf dem untersten Deck der Mavi Marmara. Das untere Deck war das sogenannte „Frauendeck“. Männer und Frauen wurden auf dem Schiff separiert.

Die Mavi Marmara hatte sich auf den Weg gemacht, um die von Israel verhängte Blockade gegen den Gazastreifen zu durchbrechen. Die Blockade war notwendig geworden, weil im Gazastreifen die Terrororganisation Hamas, die die totale Vernichtung Israels fordert, Angriffe auf Israel exekutierte. Bis zum heutigen Tag herrscht die Hamas im Gazastreifen, verfolgt Andersgläubige, kriminalisiert Homosexuelle und unterdrückt Frauen.

Als die Mavi Marmara am 31. Mai 2010 kurz davor war, die Blockade zu durchbrechen, wurde das Schiff von der israelischen Marine aufgebracht. Beim Entern wurden neun Passagiere getötet. Zudem wurden viele andere Passagiere und sieben israelische Soldaten verletzt.

Heute, im Sommer 2021, habe ich eine alte Debatte gefunden, die ich im Sommer 2010 in einer Kommentarspalte zu Annette Groths Unterstützung der Mavi Mamara geführt hatte. Alles begann mit diesem kurzen Statement von mir: „Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf’m Frauendeck …“

Darauf entwickelte sich folgende Auseinandersetzung mit einer Frau, die ich hier kurz als San bezeichne. Das Gespräch ist elf Jahre alt, heute jedoch leider immer noch hoch aktuell.

San: Ich bin der Ansicht, dass Israel sich durch seine Politik die Reaktionen der Islamisten selbst zuzuschreiben hat.

Buurmann: Ich zitiere mal aus der Charta dieser Islamisten:

„Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“

Das hat sich Israel selbst zuzuschreiben? Ein Land, das in der Unabhängigkeitserklärung betont:

„Wir bieten allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf.“

San: Ich gebe zu bedenken, dass die Hamas durch demokratische, von Amerikanern und Europäern genauestens beobachteten Wahlen, also durch den Willen des palästinensischen Volkes, an die Macht gekommen ist. Bei der Hamas handelt es sich um legitimierte Vertreter des palästinensischen Volkes. Israel muss dies endlich mal zur Kenntnis nehmen und nicht nach dem Motto handeln: „Wir sperren Euch jetzt so lange ein, bis Ihr die wählt, die uns passen!“

Buurmann: Sie haben Recht. Die Hamas wurde gewählt. Somit trägt das Volk die Verantwortung. Die Nazis wurden auch gewählt. Die Geschwister Scholl haben sich damit aber nicht abgefunden. Wo sind die Geschwister Scholl der Hamas?

Das jüdische Volk hat das Recht, die Hamas an der Verwirklichung seines Willen zu hindern. Auch 1944/45 galt: Das deutsche Volk hat Hitler auf demokratische Weise ermöglicht. Das Volk trägt Verantwortung. Somit sind die Bomben auf Dresden und Mannheim zunächst einmal ein Resultat deutscher Handlungen. So sah es auch das Geschwisterpaar Scholl: „Jedes Volk verdient die Regierung, die es erträgt.“

Wer sowas wählt, soll nicht jammern, wenn die Opfer zurückschlagen und sich wehren.

San: Es reicht doch aus, wenn israelische Soldaten planmäßig undifferenziert Palästinenser plätten. Sicher steht nicht in der Unabhängigkeitserklärung, dass das so sein soll, aber trotzdem ist es so. Kleine Torte statt vieler Worte, nicht wahr, Herr Buurmann?

Buurmann: Sieht so Ihr Bild von israelischen Soldaten aus? Monster, die die Ermordung von Palästinensern planen? Vermutlich finden die geheimen Treffen zur Planung dieser Taten auf einem Friedhof statt, wo Mazzebrot, zubereitet aus dem Blut christlicher Kinder, gereicht wird.

San: Ja, Sie vergreifen sich am Blut der Palästinenser. Halten Sie Palästinenser eigentlich im Speziellen und Allgemeinen für Geschöpfe Gottes?

Buurmann: Selbstverständlich. Das Blut von Palästinensern ist genauso rot wie das Blut aller anderen Menschen. Deshalb erschüttert es mich ja gerade, dass es keinen Aufschrei gibt, wenn Palästinenser ermordet werden, ohne dass es eine Verbindung zu Israel gibt. Die Hamas mordet ihr eigenes Volk. Sie mordet Homosexuelle und Frauen. Wer sich nicht zur Hamas bekennt, wird verfolgt und ermordet. Die Palästinenser, die sich nach Freiheit sehnen, schweben in permanenter Lebensgefahr.

Die Mörder von Palästinensern finden sind nicht in der israelischen Regierung, sie finden sich bei der Hamas. Israel ist lediglich der Sündenbock, bewusst gewählt, um Palästinenser weiter zu knechten.

San: Warum fällt es Ihnen so schwer, Israel zu kritisieren?

Buurmann: Was soll ich Israel kritisieren? Israel wird schon genug kritisiert. In Israel allein gibt es genug Gruppen und Institutionen, die Israel kritisieren. Ich nutze meine Kraft lieber für jene, die keine Lobby haben. Die Palästinenser, die mit Israel in Frieden leben möchte, haben keine Lobby. Ihnen gehört mein Herz, denn sie leiden unter der Hamas und der Unmöglichkeit, die eigene Seite kritisieren zu können.

Israel darf und kann auf der ganzen Welt kritisiert werden. Wer aber die Hamas kritisiert, muss in einigen Gebieten der Welt um sein Leben fürchten. Genau da komme ich ins Spiel. Ich habe mich der Solidarität mit diesen Palästinenser verschrieben. Und glauben Sie mir, dass ist weitaus mutiger als was Sie tun.

San: Sie sind einen Heuchler und verband ihren Vorwurf mit folgendem Auszug aus dem Evangelium des Johannes: Kapitel 8, Verse 44 bis 46.

Buurmann: Bei diesem Bibelabschnitt handelt es sich um eine Stelle, in der der Bruch zum Judentum vollzogen wird. In dieser Stelle wird jeder Jude, der Jesus Wahrheit nicht anerkennt zum Teufel erklärt. Wollen Sie mich etwa zu einem teuflischen jüdischen Antichristen erklären?

San: Passt doch wie der sprichwörtliche Arsch auf den Topf.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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