Berliner Polizei entfernt Pressevertreter

Bei einer israelfeindlichen Demonstration in Berlin wurden im April 2022 judenfeindliche Parolen gerufen. Auf einem Video ist zu hören, wie die Beleidigung „Drecksjude“ gebrüllt wird. Die Beleidigung galt offenbar einem Journalisten, der als Jude identifiziert wurde.

Judenfeindliche Parolen auf deutschen Straßen kommen immer wieder vor. In dem folgenden Video sind Ausschnitte zu sehen, in denen Demonstranten in Berlin, Essen und Gelsenkirchen in Sprechchören „Tod den Juden“, „Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf‘ allein“, „Scheiß Juden“, „Adolf Hitler“ und andere Parolen brüllen:

Über die Demonstration in Berlin im April 2022 informierte die Berliner Polizei in einer Meldung vom 24. April.

In der Polizeimeldung steht, es seien „volksverhetzende Parolen gerufen, sowie Journalistinnen und Journalisten bedrängt, beleidigt und angegriffen“ worden. Von der Demonstration sei „eine aggressive Stimmung“ ausgegangen. Es soll unter anderem zu einer „körperlichen Auseinandersetzung zwischen Versammlungsteilnehmenden“ gekommen sein, „bei der ein am Boden liegender Mann getreten wurde“.

Auf der Demonstration wurden Medienvertreter attackiert. Ein Journalist soll von einem Demonstranten attackiert worden sein, „dem es anschließend gelang, vor den Einsatzkräften in den Aufzug zu flüchten.“ Ein anderer Medienvertreter wurde bedrängt:

„Am Endplatz haben Demonstrierende einen Medienvertreter bedrängt, der auf die Unterstützung von Einsatzkräften zurückgriff und von ihnen aus der Versammlung geführt wurde. Hierbei warfen Unbekannte Plakate und Holzstangen auf die Polizistinnen und Polizisten, die unverletzt blieben“.

Nicht immer garantierte die Polizei die Möglichkeit der freien Berichterstattung. In der Polizeimeldung steht, die Polizei habe unter Berufung auf das „Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin“ Pressevertreter des Platzes verwiesen:

„Während einer Zwischenkundgebung auf der Kottbusser Brücke sollen zwei Journalisten, die zu diesem Zeitpunkt Aufnahmen von der Demonstration gefertigt hatten, von den Teilnehmenden angefeindet worden sein. Einsatzkräfte haben die Pressevertreter zu deren Schutz in die seitliche Begleitung aufgenommen. Diese begaben sich im weiteren Verlauf erneut in den Aufzug. Kurz darauf entbrannte ein neuerlicher Konflikt, in dessen Zuge die Pressevertreter aggressiv angegangen wurden. Da der Versammlungsleiter deren Verhalten für die Auseinandersetzung als ursächlich ansah, machte er von seinem, ihm obliegenden Recht aus dem Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin Gebrauch und schloss die beiden Personen von der Versammlung aus.“

Das Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin ermöglicht es somit der Polizei, Journalisten zu entfernen, wenn ein gewaltbereiter Mob auf der Straße danach verlangt. Das Verhalten der Polizei erinnert an einen Einsatz in Duisburg vor einigen Jahren.

Im Januar 2009 stürmten deutsche Einsatzkräfte in Duisburg eine private Wohnung in Abwesenheit der Mieter, um eine Israel-Flagge aus dem Fenster zu entfernen. Vor der Wohnung hatte eine aufgeputschte Meute in alter Tradition deutscher Pogrome damit begonnen, Steine auf das Fenster mit dem Davidstern zu werfen. Die Polizei sorgte jedoch nicht dafür, dass der Mob mit seiner Gewalt aufhörte, sondern stürmte stattdessen die Wohnung und entfernte die Israelfahne. Der Moment ist hier filmisch dokumentiert:

Ebenfalls im Jahr 2009, am 17. Januar, fand in Bochum eine Demonstration gegen Israel statt. Über 1500 Personen waren anwesend. Vier Moscheen hatten zu der Demonstration gegen Israel aufgerufen. Im Zuge dieser Demonstration wurden Parolen wie „Kindermörder Israel“, „Stoppt den Holocaust in Gaza“ und „Terrorist Israel“ skandiert.

Alles schien darauf hinaus zu laufen, dass jemand eine Israel-Flagge herausholt, um sie zu verbrennen. Eine Studentin holte auch die Israel-Flagge heraus, verbrannte sie jedoch nicht, sondern schwenkte sie stolz als Zeichen der Solidarität mit Israel. Aufgrund dieser Aktion leitete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen die Studentin ein, die eine Geldstrafe von dreihundert Euro gegen die Studentin zur Folge hatte. Die Erklärung lautete:

„Das war keine ungefährliche Situation, die Sie geschaffen haben.“

Auch im deutschen Fußball ist die Fahne Israels nicht immer gern gesehen. Almog Cohen ist ein israelischer Fußballspieler und stand beim FC Ingolstadt 04 unter Vertrag. Am 26. April 2015 trennten sich im Stadion an der Alten Försterei die Union Berlin und der FC Ingolstadt mit einem 2:2. Almog Cohen saß das ganze Spiel über auf der Bank und twitterte kurz nach Abpfiff auf hebräisch:

„Heute wurde beim Spiel eine Israel-Fahne entfernt. Eine Fahne, die deutsche Fans mitgebracht haben, wurde von einem Ordner entfernt. ‚Keine Juden-Fahnen‘, sagte er.“

Der stellvertretende Polizeisprecher Berlins, Thomas Neuendorf, erklärte daraufhin:

„Das Einsammeln der Israel-Flagge war eine Entscheidung des Polizeiführers.“

In den letzten Jahren wurden von der deutschen Polizei somit schon öfter Fahnen entfernt, weil sie von einem Mob ob ihrer jüdischen Verbindung nicht toleriert werden konnten. Im Jahr 2022 jedoch wurde die Taktik erweitert. Jetzt entfernt die deutsche Polizei auch wieder Menschen, wenn sie zu jüdisch sind für die gewaltbereiten Sturmtruppen auf der Straße.

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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