Eine persönliche Erinnerung zum 100-sten Geburtstag von Georg Kreisler

Am 18. Juli 2022 wäre Georg Kreisler 100 Jahre alt geworden. David Serebryanik erinnert und bedankt sich.

Es war vor zwanzig Jahren in Karlsruhe. Ich war zu Besuch bei meiner damaligen Freundin und sie fragte mich eines Abends, ob ich eigentlich Georg Kreisler kenne. Ich verneinte. Da holte sie eine Kassette (für die Jüngeren – das, was nach der LP, aber vor der CD als Spotify diente), steckte sie in das alte Grammophon und da erklang die bissige, scharfe, ironische, blinzelnde und blitzeschlagende Stimme. Die Stimme sang von einem Triangelspieler und dann, glaube ich, von einem Opernboogie.

Ich sage „glaube ich“, weil ich mich an den weiteren Verlauf des Abends nur dunkel erinnere. Als ich wieder zu mir kam, sagte mir meine Freundin, ich sei vor Lachen zu Boden geflogen, dann zu der Decke gefallen, dann drehte ich mich im Kreise 739 mal und fiel tot zu Boden.

Ich erstand nach circa einer Woche auf und ebenfalls erstand mir sofort einige CDs von diesem unerklärbarem, düster-funkelnden und bis ins Jenseitige absurden Mann, der seit jenen Tagen mich durch mein Leben begleitet. Und das Leben, welches danach begann, kann ich nur schwer mit dem Leben, das ich davor lebte, nur sehr bedingt, vergleichen. Es tanzte, schaukelte, purzelbäumte in mir unentwegt.

(Später, einige Zeiten später, begann es auch zu weinen, ich konnte dieses Weinen deutlich hören und noch später auch fühlen).

Ich war jung und liebte die Musik, deswegen konnte ich mir nicht sofort alle seine CDs und Bücher leisten, (auch gab es eigentlich so gut wie keine in den bekannten CD-Läden, ausser beim Beck in München). Also stöberte ich in allen möglichen Internetplattformen, fragte bei Freunden, brannte mir unerlaubterweise Kopien. Kurz und gut – ich bin zu einem absoluten und bedingungslosen Fan geworden.

… Alle diese Jahre waren Sie mit mir, grosser Meister.

… Alle diese Jahre lachte und weinte ich zu Ihrer Musik

… Alle dieser Jahre wusste ich, da beweist er,
Georg Kreisler, der Welt ihr strahlendes Missgeschick und ihr komisches Glück.

… Durch die schwersten Jahre begleiteten Sie mich und zeitweise, so schien es mir, hielten mich bei der Hand,

…Und als ich auseinander fiel, da sagten Sie zu mir, so schien es mir, „na dann fällst halt auseinand.

Aber der, der da oben sitzt und lacht und weint und wieder lacht, wird dich schon zammenschrauben, also gib fein Acht! –

Oder gib Neun, mach einen Neuen aus dir – Hauptsache sei vorsichtig mit dem Klavier….“

Also so, oder anders, will ich meine Liebe zu Ihnen ausdrücken. Und es gelingt und es geling mir nicht. Die einige wenigen Treffen und Gespräche mit Ihnen, die sind mir mit das teuerste, was ich hab! Ich sende Ihnen, wenn es nur irgend möglich, einen Gruss dorthin, nach oben, oder links oder rechts oder irgendwann – zu Ihnen, der Sie da sitzten und dem Gott seine wundervolle Musik vorlesen.

Sie fehlen mir sehr!

Ihr Fan
David Serebryanik

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(TINDS)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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