Justin Trudeau verirrt sich und beleidigt Melissa Lantsman

Melissa Lantsman ist eine kanadische Politikerin und Mitglied der Konservativen Partei von Kanada. Seit 2021 ist sie Parlamentsmitglied im Unterhaus von Kanada. Sie wurde im Jahr 1984 in Toronto in eine russisch-jüdische Familie geboren. Ihre Mutter war Buchhalterin und ihr Vater Ingenieur, der im Taxigewerbe arbeitete und mehrere Pfandleihhäuser betrieb. Im Jahr 2018 heiratete sie ihre Freundin Lauren Rakowski.

(Foto: Wikipedia)

Am 16. Februar 2022 musste sich diese stolze lesbische Jüdin von dem Premierminister Kanadas, Justin Trudeau, im Unterhaus sagen lassen, dass sie und ihre Partei für „Leute steht, die Hakenkreuze schwenken“.

Justin Trudeau äußerte diesen Vorwurf, nachdem Melissa Lantsman seine Politik im Umgang mit den Protesten in Ottawa kritisiert hatte. Am 14. Februar 2022 hatte er für Kanada den Notstand erklärt, um so den „Konvoi der Freiheit“ zu bekämpfen.

Als „Konvoi der Freiheit“ wird die Protestbewegung bezeichnet, die zum großen Teil aus Straßenblockaden von Truckern besteht, die damit gegen die in ihren Augen überzogenen Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen COVID-19 protestieren.

Der von Trudeau ausgerufene Notstand, erlaubt es der Regierung unter anderem, die Trucker-Proteste zu verbieten, aber auch die Bankkonten von allen Menschen einzufrieren, die mit den Protesten assoziiert werden und zwar ohne richterlichen Beschluss. Genau diese Übergriffigkeit des Staates kritisierte Melissa Lantsman am 16. Februar im Unterhaus:

„In nur 48 Stunden ging die Regierung vom Nichtstun zum Notstand. 48 Stunden, diese Maßnahmen zu ergreifen. 48 Stunden ohne dem Parlament eine Rechtfertigung zu geben. Wann wird der Premierminister eingestehen, dass er die Kontrolle über die Situation, das Land, die Versammlung und seine Führung verloren hat.“

In ihrer Rede vor dem Unterhaus konfrontierte sie den Premierminister zunächst mit einem Zitat aus einer Rede, die er im Jahr 2015 gehalten hatte:

„Eine positive, optimistische, hoffnungsvolle Vision des öffentlichen Lebens ist kein naiver Traum; es kann eine starke Kraft für Veränderungen sein. Wenn Kanadier ihrer Regierung vertrauen sollen, muss ihre Regierung den Kanadiern vertrauen.“

Danach zitierte sie eine Aussage von Trudeau, die er über die Demonstranten in Ottawa im Jahr 2022 getätigt hatte.

„Diese Leute – sehr oft misogyne, rassistische, Frauenhasser, Wissenschaftsleugner, Randgruppen.“

Sehen wir uns mal ein paar Bilder dieser ach so bösen Menschen an:

Sehen diese Menschen so aus, als seien sie misogyne, rassistische, Frauenhasser, Wissenschaftsleugner und Randgruppen? Für mich sehen sie aus wie eine Gruppe diverser, kulturell, politisch, ethnisch, religiös und gesellschaftlich bunt gemischter Menschen, die sich allerdings unter einem Prinzip vereinen, das sie in Gefahr sehen: Freiheit!

Melissa Lantsman kritisierte den Premierminister, weil „er die Flammen eines ungerechtfertigten nationalen Notstands anfacht“, und stellte die Frage: „Wann hat sich der Premierminister verirrt? Wann ist es passiert?“

Trudeau beantwortete die Frage mit einer ungeheuerlichen Unterstellung:

„Mitglieder der Konservativen Partei können mit Hakenkreuzschwingern zusammenstehen. (…) Wir werden uns dafür entscheiden, den Kanadiern zur Seite zu stehen, die es verdient haben, zu ihren Jobs zu kommen, um ihr Leben zurückzubekommen. Diese illegalen Proteste müssen aufhören und das werden sie.“

Daraufhin meldete sich der konservative Abgeordnete Dane Lloyd zu Wort:

„Ich habe noch nie so beschämende und unehrenhafte Bemerkungen von diesem Premierminister gehört. Mein Urgroßvater flog über dreißig Missionen über Nazideutschland. Die Leiche meines Urgroßonkels liegt auf dem Boden des Ärmelkanals. Es gibt Mitglieder dieser konservativen Versammlung die Nachkommen von Opfern des Holocausts sind. Dass der Premierminister auch nur einem Kollegen in diesem Haus vorwirft, mit dem Hakenkreuz zu stehen, ist schändlich. Ich gebe dem Premiermister eine Möglichkeit: Ich fordere ihn auf, unmissverständlich um Verzeihung zu bitten für diesen schändlichen Kommentar.“

Justin Trudeau weigerte sich, der Bitte nachzukommen und erklärte stattdessen seine Politik für gerechtfertigt. Dane Lloyd reagierte sichtlich empört:

„Die Abwesenheit einer Bitte um Entschuldigung durch den Premierminister spricht Bände. Ich habe diesem Premierminister die Möglichkeit gegeben, einen schändlichen Kommentar zurückzuziehen, wo er ehrenwerten Mitgliedern dieses Hauses unterstellt, mit dem Hakenkreuz zu stehen. Wie ich schon gerade gesagt habe, wir haben Kollegen, die Nachkommen von Opfern des Holocausts sind. Ich gebe dem Premierminister eine weitere Möglichkeit. Wird er um Verzeihung bitten bei allen Mitgliedern dieses Hauses?“

Justin Trudeau weigerte sich erneut und erklärte stattdessen, die Blockade sei illegal und fügte hinzu: „Die Kanadier schauen genau hin und sehen genau, wo die Konservativen stehen, die zu diesen Blockaden stehen.“

Diese Uneinsichtigkeit brachte schließlich Melissa Lantsman dazu, ebenfalls Stellung zu beziehen: „Ich bin eine starke jüdische Frau, Mitglied dieses Hauses und Nachfahrin von Holocaustüberlebenden.“

Sie betonte, in dem Unterhaus niemals schlecht behandelt worden zu sein, „bis auf heute, da der Premierminister mich beschuldigt hat, mit Hakenkreuzen zu stehen. Ich denke, er schuldet mir eine Entschuldigung. Ich möchte eine Entschuldigung und ich denke er schuldet allen Mitgliedern dieses Hauses eine Entschuldigung.“

Justin Trudeau bat um nichts. Er verließ einfach den Raum.

Die Anklage von Justin Trudeau sind nicht nur vollkommen geschmacklos, da er sie in Richtung einer Jüdin erhob, sie ist auch unangebracht, da Melissa Lantsman stets antisemitische, sexistische und homophobe Aussagen kritisiert. Auch in der im Grundtenor positiven Bewertung der Trucker-Proteste, hat sie deutlich klargestellt, wo die Grenzen sind. Als Ende Januar 2022 eine Fahne mit einem Hakenkreuz auf der Trucker-Demonstration gesichtet worden war, meldete sie sich auf Twitter sofort zu Wort:

„Es ist möglich, das Recht auf Protest zu respektieren, auch wenn sie anderer Meinung sind – und gleichzeitig die verwerflichen Symbole zu verurteilen, die von einigen verwendet werden, die sich diesem Konvoi angeschlossen haben. Nazifahnen sind immer falsch. Danke an die zehntausenden friedlichen Demonstranten, die sich zu Wort gemeldet haben.“

Das Zeigen des Hakenkreuzes wurde umgehend von allen Sprecherinnen und Sprecher des Protest unmissverständlich verurteilt. Es kam zu keinem weiteren Vorfall dieser Art.

Das hielt Justin Trudeau jedoch nicht davon ab, nicht nur die ungeheuerlichsten Dämonisierungen über die Proteste zu verbreiten, sondern dazu auch noch Mitgliedern des Unterhaus zu unterstellen, Nazis zu unterstützen. Nach dem Eklat im Unterhaus schrieb Melissa Lantsman auf Twitter:

„Ich denke, der Premierminister sollte lange und gründlich über seine eigene Geschichte nachdenken, bevor er eine jüdische Parlamentsabgeordnete auswählt und mich fälschlicherweise beschuldigt, mit einem Hakenkreuz zu stehen. Was für eine schändliche Aussage, die niemandem in einem öffentlichen Amt gebührt – er schuldet mir eine Entschuldigung.“

Mit der eigene Geschichte, über die der Premierminister nachdenken solle, spielt sie auf diverse Male an, da Justin Trudeau in jungen Jahren sich das Gesicht schwarz gemalt hatte, wie man auf diesem und auf diesem Bild sehen kann.

Da bleibt einem nur, die Fragen von Melissa Lantsman zu wiederholen: „Wann hat sich der Premierminister verirrt? Wann ist es passiert?“

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Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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