Herr Dr. Prantl, was ist mit der Süddeutschen Zeitung los?

Ein Offener Brief von Malca Goldstein-Wolf an den Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Dr. Heribert Prantl.

Sehr geehrter Herr Dr. Prantl,

es ist bekannt, dass die Süddeutsche Zeitung, vorsichtig ausgedrückt, besonders „israelkritisch“ ist.

In Zeiten, in denen sich schnöder Judenhass unter dem Deckmäntelchen der Israelkritik versteckt, in Zeiten, in denen sich jüdische Männer aus Angst vor tätlichen Angriffen nicht mit Kippa auf bundesdeutsche Straßen trauen und jüdische Kinder in der Schule gemobbt werden, nur weil sie Juden sind, ist es besonders wichtig, dass Medien ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden.

Lieber Herr Dr. Prantl,

ich kann Sie nicht zwingen, Juden zu mögen, ich will Sie auch nicht daran hindern, konstruktive Kritik an Israel abzudrucken, mit dem Veröffentlichen der heutigen antisemitischen Karikatur des Bundesverdienstkreuz-Trägers und Künstlers Dieter Hanitzsch wurden allerdings Grenzen überschritten.

Ist es möglich, dass sich Israel über die erfolgreiche Teilnahme an einem Musikwettbewerb freuen darf, ohne dass es dämonisiert wird?

Als Lena den Eurovision Song Contest gewann, hat ihr Angela Merkel persönlich gratuliert und es war für uns alle selbstverständlich, dass die Regierungschefin ihre Freude über den Sieg im Namen des deutschen Volkes zum Ausdruck brachte. Gewinnt Israel wirft eine Kommentatorin der Süddeutschen Zeitung dem israelischen Premierminister vor, dass seine Gratulation einem politischen Missbrauch gleichkäme.

Es ist diese Art manipulativer, bösartiger Berichterstattung, die Judenhass schürt.Es sind diese Doppelstandards, die nur auf Israel angewandt werden, die das Bild des Judenstaats aufs Unerträgliche verzehren. Es ist für einen seriösen Journalisten schlichtweg verantwortungslos, eine Karikatur abzudrucken, die einen unpolitischen Musikwettbewerb scheinheilig mit einer Kriegserklärung verbindet.

Natürlich tragen die Raketen den obligatorischen Davidstern und der Hinweis „Nächstes Jahr in Jerusalem“ soll das Bild des Kriegstreibers Israel, dass Judenhasser allzu gerne zeichnen, noch verstärken.

Roger Waters bildet den Davidstern gerne auf Schweineballons ab und ich war letztes Jahr sehr froh darüber, den WDR-Intendanten Tom Buhrow davon überzeugen zu können, dass diese Form von Antisemitismus nicht gefördert werden darf. Er strich sämtliche öffentlichen Gelder, mit den Waters eigentlich unterstützt werden sollte.

Nun bitte ich Sie, Herr Dr. Prantl, sich für die Veröffentlichung dieser vor Judenhass nur so triefenden Karikatur zu entschuldigen.

Lassen Sie die Süddeutsche Zeitung nicht zu einem Organ verkommen, dass Juden den Wölfen zum Fraß vorwirft. Positionieren Sie sich auf der richtigen Seite: Gegen Rassismus, gegen Judenhass! Es zeugt von Größe, Fehler einzugestehen.

Übrigens sollte es auch Israel zugestanden werden, sich an der Leichtigkeit eines Musikwettbewerbs zu erfreuen. Es geht nämlich nicht immer nur um tote Juden, es geht auch um ein lebensbejahendes, innovatives und pulsierendes Israel! Ja, wir Juden möchten einfach nur genauso ausgelassen feiern dürfen, wie andere auch.

Dieter Hanitzsch hat Glück, dass wir auch im Angesicht von niederträchtigstem Judenhass nicht dazu neigen, unsere Feinde zu bedrohen oder Zeitungsredaktionen zu attackieren. Es gibt Glaubensrichtungen, da dürfte er nun seines Lebens nicht mehr sicher sein.

Ich hingegen appelliere nur und ich bitte Sie lediglich darum, jüdisches Leben zu schützen und uns fair zu behandeln. Genauso fair, wie auch Sie behandelt werden wollen!

Danke!
Beste Grüße und Shalom,
Malca Goldstein-Wolf

***

Nachtrag: In einer Stellungnahme nach dem Verfassen dieses Briefs hat die Süddeutsche Zeitung erklärt, dass die Karikatur durchaus als antisemitisch aufgefasst werden kann und bittet um Entschuldigung:

„Trotz dieser Intention des Karikaturisten kann man die Zeichnung auch anders verstehen und als antisemitisch auffassen. Ihre Veröffentlichung war deshalb ein Fehler, für den wir um Entschuldigung bitten.“

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(TINMGW)

Über tapferimnirgendwo

Als Theatermensch spiele, schreibe und inszeniere ich für diverse freie Theater. Im Jahr 2007 erfand ich die mittlerweile europaweit erfolgreiche Bühnenshow „Kunst gegen Bares“. Als Autor verfasse ich Theaterstücke, Glossen und Artikel. Mit meinen Vorträgen über Heinrich Heine, Hedwig Dohm und dem von mir entwickelten Begriff des „Nathankomplex“ bin ich alljährlich unterwegs. Und Stand Up Comedian bin ich auch. Mein Lebensmotto habe ich von Kermit, dem Frosch: „Nimm, was Du hast und flieg damit!
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